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Der Grüttbach,
ein Fließgewässer im Schweizer Mittelland
Inhalt
1. Einleitung
2. Namen
3. Geographie
3.1 Verlauf und Charakter
3.2 Nebenbäche, Zuflüsse, Teilungen und Abzweigungen
4. Natur und Umwelt
5. Nutzung
6. Einige Besonderheiten im Detail
6.1 Düker
6.2 Hotoppscher Heber
6.3 Sandfang
6.4 Der (Derendinger) Dorfbach
6.5 Emme-Kanäle
6.6 Entwässerungsstollen
6.7 Wasserturbinen und elektrische Generatoren
7. Anmerkungen
8. Quellen
1. Einleitung
Der Grüttbach ist ein etwa 30 km [1] langer Bach im Schweizer Mittelland. Er fließt in den Kantonen Bern und Solothurn im tief gelegenen, relativ breiten und ebenen Teil des Mittellandes und wird links von der nahen Emme und rechts streckenweise von der Ösch begleitet und mündet wie diese beiden von rechts in die Aare.
Abb.1: Plan des Grüttbaches zwischen Anfang (Emme-Düker) und Ende (Aare-Kraftwerk Flumenthal) [2]
zu vergrösserten Teibildern: links, Mitte, rechts
Abb.3: Ende des Grüttbaches beim Einfluss in das
Oberwasser des Aare-Kraftwerkes Flumenthal
Abb.2: Beginn des Grüttbaches bei Kirchberg mit durch einen Düker unter der Emme aus Burgdorf
zufließendem Wasser
2. Namen
Den Namen Grüttbach hat dieses Gewässer im Geoserver des Kantons Solothurn (GSS) ab seinem Anfang in Kirchberg [GSS-a] bis 2,5 km vor seinem Ende. Nur dieses kurze Stück in Luterbach heisst darin Dorfbach [GSS-b].
Im Geoserver der Schweizer Bundesverwaltung (GSBV) werden ihm nacheinander die vier Namen Grüttbachkanal [GSBV-a], Oberholzbach [GSBV-b], Grüttbach [GSBV-c] und zum Schluss ebenfalls Dorfbach [GSBV-d] zugewiesen.
Im Geoserver des Kantons Bern (GSBE), der allerdings nur bis zur Kantonsgrenze (im Wald südlich von Ober-Gerlafingen) reicht, gibt es überhaupt nur einen Namen, aber nicht Grüttbach, sondern Oberholzbach [GSBE](Anmerkung 1).
Das ist insbesondere für die Einwohner von Kirchberg befremdlich, die nach dem Bau des Emme-Dükers bei ihnen, der das Gewässer auf seiner ganzen Länge wesentlich anreichert, dessen ursprünglich im unteren Teil üblichen Namen Grüttbach (siehe auch [3])
wie selbstverständlich gebrauchen (neben Grüttbach auch Grüttbachkanal oder Grüttgrabe).
In den anliegenden Dörfern wird er oft nutzungs- (Mühlibach, Sagi- oder Sackbach) oder flurbezogen (Oberholzbach, Wiesenbächli) bezeichnet. Darüber hinaus gab es diverse frühere, heute nicht mehr benutzte Teilnamen: z. B. in Derendingen Ämmebächli, Püntelibach, Bülibach, Ruuschibach [4] u. a.
Das ähnlich geschriebene Grüth ist mittelhochdeutsch und bedeutet roden, urbarmachen o. ä [5]. Im am Grüttbach liegenden Derendingen heisst ein Ortsteil Grütt-Obergaden, wobei sich Grütt hier auf eine frühere Flur mit diesem Namen bezieht [6].
3. Geographie
3.1 Verlauf und Charakter
Der solothurnische Teil des Mittellandes wird wegen seines Wasserreichtums umgangssprachlich seit langen und seit den 1980er Jahren als Verwaltungsregion Wasseramt bezeichnet. Beim Grüttbach und den ihn begleitenden Gewässern handelt es sich im engeren Sinne um das solothurnische mittlere Wasseramt.
Der Grüttbach hat heute noch Verbindung zu den beiden Begleitern. Vor der Besiedlung waren die Verbindungen wahrscheinlich so zahlreich, dass eine Trennung in Emme und zwei rechts parallele Bäche kaum möglich war. Er fließt nirgends in einem ausgeprägten Tal, in dem er "gefangen" wäre (die Ösch fließt auch nur am Anfang wenige Kilometer weit in einem engeren Tal). Obwohl der Grüttbach auch heute an mehreren Stellen Wasser an die Emme (und sogar an die Aare, andererseits die Ösch an den Grüttbach) abgibt, bleibt er eigenständiger Wasserlauf, dessen meistes Wasser weiter als die Emme und erst deutlich unterhalb der Emme-Mündung in die Aare fließt. Seiner streckenweise ausgeprägten Umgestaltung als Gewerbekanal ging die Befestigung seiner Ufer und die Begradigung zum Schutz der Landwirtschaft voraus. Er fließt in einem Gebiet, wo er ohne solche Massnahmen heute noch mäandern und sich bei Hochwasser weit verbreiten würde.
An seinem Anfang hat der Grüttbach eine ungewöhnliche Besonderheit, indem er heute im Wesentlichen aus der nahen Emme) gespeist wird. Ihm wird das Vielfache Wassers dessen zugeführt, was seine eigentliche Quelle ursprünglich beitrug. Dadurch bekam er den Charakter eines Kanals, im Besonderen den eines Gewerbe- oder Industriekanals. Auf seinem Wege bis zur Mündung fliesst Wasser aus Nebenbächen hinzu, so dass dieser Charakter schwächer wird. Trotzdem konnten die meisten anliegenden Mühlen und Gewerbebetriebe ohne dieses Fremdwasser nicht auskommen [6], und die elektrischen Kleinkraftwerke gäbe es heute nicht.
Ursprünglich begann der Grüttbach als Brunnbach (Anmerkung 2) an der Felsenegg in Burgdorf. Er führte im wesentlichen Wasser aus der Emme, das ihm dort zufloss. In Kirchberg hieß er auch Mühlebach, dem aber für den Mühlenbetrieb Wasser schon damals zeitweise aus der Emme vor Ort zugeführt werden musste [7]. Eine im 19. Jahrhundert in Kirchberg gegründete Weberei hatte grösseren Wasserbedarf, der sich mit dem im oberhalb und gegenüber gelegenen Burgdorf der Emme entnommenen Wasser (siehe auch Fliessgewässer in Burgdorf/BE) decken ließ. Dafür wurde 1889 ein Düker unter der Emme gebaut und das in Burgdorf nach seiner gewerblichen Nutzung wegfließende Wasser nach Kirchberg weiter geleitet. Das jetzt in Kirchberg Grüttbachkanal genannte Gewässer wurde dadurch so stark, dass bereits am Ortseingang ein elektrisches Kraftwerk mit damals etwa 100 PS betrieben werden konnte und die Versorgung des Gewerbes und der Industrie auf der gesamten weiteren Bachstrecke wesentlich besser wurde. Sein ehemaliger Anfangsteil oberhalb von Kirchberg (Brunnbach) versiegte, nachdem die Emme kurze Zeit später in Burgdorf eingedämmt und er von ihr abgeschnitten worden war.
3.2 Nebenbäche, Zuflüsse, Teilungen und Abzweigungen
Nicht erfasst sind die Hochwasser-Entlastungskanäle und -stollen.
Ämmebächli: in Kirchberg kurz vor der Autobahn eingedolt nach links abzweigend
Grüenibächli: in Kirchberg beim Widenhof eingedolt nach links abzweigend
Obergadenbach: linke Abzweigung
Brunnbach: linker Nebenbach
Verbindungsbach: linke Abzweigung
Neumattbach: streckenweise Teilung in Neumattbach/links und Grüttbach/rechts
Schluchtbach: linke Abzweigung aus Neumattbach
Dorfbach: rechter Nebenbach
Kleine Ösch: von rechts Wasserzufluss aus der Ösch
Späckgraben: linke Abzweigung
West- und Ostarm : Aufteilung in Dorfbach/Westarm (links) und Dorfbach/Ostarm (rechts)
Der wasserreichere Ostarm mündet in das Oberwasser des Aare-Kraftwerks Flumenthal,
während der Westarm vom unter dem Stau-Seitendamm angebrachten
Entwässerungskanal aufgenommen wird, der unterhalb des Kraftwerkes
in die Aare fließt.
Die beiden Arme kreuzen sich somit vor ihren Enden.
Alle Abzweigungen ausser dem Späckgraben (zur Aare) führen zur Emme (die meisten zum unteren der beiden rechten Emme-Kanäle).
4.Natur und Umwelt
Im Grüttbach kommen Bachforelle und Regenbogenforelle vor [8]. An mehreren Stellen wurde er renaturiert, so 2019 etwa 1 km (das bisher längste Stück) des bisher am Rand der Autobahn in Betonschalen fließenden Oberholzbaches (Abb.3). Dieser insgesamt etwa 5 km lange Teilbach war erst 1960 zur Niederschlags-Entwässerung der Autobahn angelegt worden. Vorher floss er als naturbelassener Sagibach etwa einen halben Kilometer westlicher [9].
Abb.4: Grüttbach (Teil Oberholzbach) neben der Autobahn südlich (linkes Bild) und am Rande (rechtes Bild) des
Oberholz-Waldes
links: schnurgerade und in Betonhalbschalen eingezwängt; rechts: freigelassen und schlängelnd
5. Nutzung
Abb.5
Ende des etwa 5,5 m hohen, von rechts kommenden Damms vor dem ersten Kraftwerk in Kirchberg; etwa 2 m weiteres Gefälle unterirdisch bis zur etwa 30 m links entfernten Wasserturbine, d. h. 7,5 m genutztes Gesamtgefälle
Der Grüttbach und seine Nebenbäche betrieben einmal um die 50 verschiedene gewerbliche Anlagen (Getreidemühlen, Walkmühlen, Sägewerke u. ä.).
1934 wurden 32 Anlagen mit zusammen etwa 700 kW Leistung gezählt.
Heute (2024) werden nur noch elektrische Kleinkraftwerke betrieben: 16 mit zusammen etwa 1000 kW Nennleistung (Anmerkung 3) und jährlich etwa 5,5 Millionen kWh erzeugter elektrischer Energie, [11], (Anmerkung 4).
Der Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist. Ausnahme ist eine noch betriebene Getreidemühle, in der die Mahlwerke und andere Maschinen (Weiterverwendung der alten Transmissionsanlage) über einen Elektromotor vom vor Ort mit einem Generator erzeugten elektrischen Strom angetrieben werden [12].
Das Kraftwerk mit der größten Leistung befindet sich kurz nach dem Beginn des Grüttbachs am Emme-Düker. Dessen etwa 1,1 km langes Bett ist auf einem fortwährend über Grund höheren Damm errichtet, um das Bettgefälle klein und das Gefälle über der Turbine gross (7,5 m [13] zu halten. Dieser künstliche Wasserlauf auf einem auffälligen Damm (Abb. 4) war der Grund dafür, dass der erste Teil des Grüttbaches den Namen Grüttbachkanal (abgekürzt: Grüttkanal) bekam.
6. Einige Besonderheiten im Detail
6.1 Düker
Der Einlauf zum Düker unter der Emme wird zusammen mit dem ersten Kraftwerk in Kirchberg gewartet. Insbesondere ist der Rechen vor dem Dükereinlauf zu reinigen. Die Regulierung der einlaufenden Wassermenge erfolgt auf mechanischem Wege automatisch, indem der Absperrschieber vor der Emme von einem Gewicht umsomehr gehoben wird, je höher der Wasserstand vor ihm ist. Die Auftriebskraft am Schieber ist umso größer, je tiefer dieser ins Wasser eintaucht.
Abb.6
links: Absperrbauwerk vor dem Emme-Düker
Mitte: Rechen (rechts) vor dem Düker-Einlauf
rechts: Ausfluss des Grüttbaches aus dem Tunnel unter der Autobahn
(am Tunnelende: Ende des Dückers unter der Eisenbahn)
Ein Düker dient später auch zum Queren der in den 90er Jahren parallel zur Autobahn gebauten Eisenbahn-Schnellfahrstrecke Bahn 2000. Diese unterquert kurz vorher die Emme und liegt deshalb relativ tief, sodass für den Grüttbach ein Düker gebaut werden musste. Der ältere Autobahntunnel schließt direkt an den Düker an. Er ist nur an seinem Ende erkenn- und von dort aus auch begehbar. Hinten ist es dunkel, der dort aus dem Düker aufsprudelnde Grüttbach aber nicht überhörbar.
6.2 Hotoppscher Heber
Abb.7
Oberwasser vor dem ersten Kraftwerk in Kirchberg:
· Hotoppscher Heber
(blechener Halbzylinder) im rechten Trogrand
· Überlauf bei grösserem Hochwasser am weniger hohen
linken Trogrand
Der Einlauf zum ersten Kraftwerk in Kirchberg befindet sich 5,5 m über dem umgebenden Industrie- und Wohngebiet. Bei Hochwasser muss überschüssiges Wasser dieses Gebiet schonend abgeleitet werden. Bevor die Umrandung des Kanals überströmt wird, sollte es ein Hotoppscher Heber) ableiten. Dieser funktioniert heute aber nur noch als weniger wirksamer automatischer Syphon, da er mangels Vakuum über seinem Wasserspiegel nicht mehr "anspringen" kann (der Vakuum erzeugende Teil des Hebers ist außer Betrieb; vom von ihm zum Heber führenden Rohr ist nur noch das Schlussstück vorhanden).
6.3 Sandfang
Abb.8
Sandfang neben der Autobahn im Oberholz
· rechts: der an den Absatzbecken vorbeigeführte
Grüttbach
· links: 3 Absatzbecken; mit vorwiegendem Ausfluss
(nach links) nicht zurück in den Grüttbach
Der Grüttbach dient zum Ableiten des Regenwassers und des geschmolzenen Schnees. Im abgeleiteten Wasser befinden sich Streusand, Abriebteile von der Fahrbahn und den Autoreifen und sonstige Schmutzteile, von denen es in sogenannten Sandfang-Einrichtungen wieder befreit wird. Im Einzugsgebiet des Grüttbaches gibt es zwei solche Anlagen, eine direkt am Grüttbach im Oberholz und eine am Gerlafinger Dorfbach nach der Kreuzung mit der Autobahn.
Beide Anlagen dienen zusätzlich zur Entlastung (des Grüttbaches bzw. des Dorfbaches) bei Hochwasser, indem sie den Wasserüberschuss in andere Gewässer umleiten. Die Anlage im Oberholz wird im "Nebeschluss" betrieben. Der Grüttbach wird an den Absatzbecken vorbeigeführt, sodass in ihm ziehende Fische nicht behindert sind. Die Becken werden nur bei Hochwasser beschickt. Diese Funktionsweise ist meist ausreichend, da sich die Sandfracht erst bei starken Regenereignissen so stark erhöht, dass der Sandfang notwendig wird. Das die Becken verlassende Wasser fließt zur Entlastung des Grüttbaches mehrheitlich unter der Autobahn durch nach Osten in die Oesch (Anmerkung 5).
6.4 Der (Derendinger) Dorfbach
Abb.9
Zulaufleitung vom Grüttbach in den
(Derendinger) Dorfbach [(Derendinger) Dorfbach]
Dieser oben (3.1) als rechter Zufluss bezeichnete Bach kann auch als eine rechte Verzweigung des Grüttbachs bezeichnet werden, seit ihm zu einem seiner Quellbäche Wasser aus dem Grüttbach zugeführt wird. Dieser Quellbach entspringt in einem kleinen Weiher im Wald bei Ober-Gerlafingen. Da diese Quelle langsam versiegte und der Weiher zu verlanden drohte, wurde er mit dem nur etwas mehr als 200 m entfernt vorbeifließenden Grüttbach durch ein unterirdisches Rohr verbunden.
Der Dorfbach ist nur über Hochwasser-Entlastungsgräben mehrmals mit der Ösch verbunden. Dauernd gibt er nur etwas Wasser über den Gerengraben an die Kleine Ösch ab, die gleich wie er dem Grüttbach (wieder) zufließt.
6.5 Emme-Kanäle
Die Emme ist sowohl im Berner als auch im Soloturnischen Mittelland Wasserlieferant mehrerer industrieeller Großbetriebe. Dafür wurden zu ihr Parallelkanäle angelegt, so dass die Wasserentnahme der Einfachheit halber nur je einmal erfolgen musste. Auf der rechten Seite sind es zwei Kanäle, der obere ab Utzensdorf bis Gerlafingen (hier für die Stahlwerke Von Roll, betreibt vorher auch drei Wasserkraftwerke), der untere ab Biberist/Derendingen (hier für die Papierfabrik Biberist) bis zur Mündung in die Aare.
Es handelt sich im Vergleich zum Grüttbach um sehr breite Wasserläufe, für die die Bezeichnung "Kanal" deutlich angebrachter ist als bei Teilen des Grüttbachs (in Kirchberg Grüttkanal oder Grüttbachkanal). Die linken Abzweigungen vom Grüttbach fließen unterhalb von Utzensdorf bis unterhalb von Derendingen in einen dieser Emme-Kanäle.
6.6 Entwässerungsstollen
Abb.10
Kreuzen der beiden Mündungsarme des Grüttbaches/Dorfbaches
[West- und Ostarm ]
Bei seinem Lauf parallel der Autobahn (Oberholzbach) ist der Grüttbach praktisch auch Entwässerungsgraben, nämlich für das Niederschlagwasser auf die Autobahn. Dezitiert als Entwässerungsgraben bzw. -stollen wird u.a. ein Bauwerk bezeichnet, in dem einer der beiden Mündungszweige des Grüttbaches in die Aare geführt wird.
Solche Gräben oder Stollen sind bei Flusskraftwerken immer dann angelegt, wenn der Oberwasserspiegel höher als das seitliche Gelände ist. Die ehemals dort in den Fluss mündenden Bäche oder Rinnsale werden in ihnen aufgenommen und parallel zu den Oberwasserrändern bis unterhalb des Stauwehrs in den Fluss geführt.
Der östliche Mündungszweig des Grüttbaches/Dorfbaches fließt hoch genug, um direkt ins Oberwasser des Stauwerkes Flumenthal zu gelangen. Der tiefer fließende westliche Zweig wird hingegen vom rechten Entwässerungsstollen oberhalb des Stauwerks aufgenommen. Beide Mündungszweige kreuzen sich somit zum Schluss.
6.7 Wasserturbinen und elektrische Generatoren
An den Fliessgewässern von Burgdorf und am Grüttbach sind heute zusammen 18 Wasserturbinen in 16 Anlagen in Betrieb [14]. Die kleinste und zugleich die besondertste arbeitet mit einer Archimedischen Spirale. Sie befindet sich in einer Anlage am Rande eines auf dem Gelände einer ehemaligen Ziegelei direkt nördlich der Eisenbahnstrecke in Derendingen errichteten Sportplatzes. Ein privater Enthusiast erwarb die durch den Abbruch der Ziegelei freigewordenen Wasserrechte und errichtete dieses besondere Kleinkraftwerk (und darüber ein einem Gartenhaus ähnelntes Gebäude) und betreibt es. Die abgegebene elektrische Leistung ist 10 kW, die des größten Grüttbach-Kraftwerkes in Kirchberg ist 135 kW.
Abb.11
Eine Archimedische Spirale als Wasserturbine unter einem "Gartenhäuschen"
links: unteres Spiralen-Ende und Wasserautritt ins Unterwasser
rechts: äußere Verkleidung der schräg liegenden Spirale und das "Gartenhaus" darüber, Gefälle 1,15 m
In allen anderen Kraftwerken werden Francis- oder Kaplanturbinen verwendet (für Peltonturbinen ist das Gefälle nirgends groß genug). Letztere wurde erst am Anfang des letzten Jahrhunderts erfunden, sodass in den älteren Anlagen oft noch Francisturbinen zu finden sind.
Die Kaplanturbinen werden vorwiegend mit senkrechter Welle betrieben, der Elektro-Generator befindet sich darüber, und beider Wellen sind direkt miteinander gekoppelt.
Eine Ausnahme ist die Lage der Kaplanturbine im großen Kirchberger Kraftwerk. Das lange Zuleitungsrohr, in dem diese eingebaut ist, verläuft nach einem Knick schräg nach oben und nach der Turbine wieder nach unten. Der Generator ist mit der schräg nach oben aus dem Rohr herausgeführten Turbinenwelle direkt gekoppelt und befindet sich einigermaßen hoch genug.
Abb.12: Kaplan-Turbinen [15]
links (1 Bild): eine senkrecht angeordnete Turbine mit direkt gekoppeltem Elektro-Generator in Burgdorf
rechts (2 Bilder): eine in ein schräg ansteigendes Rohr eigebaute Turbine mit direkt gekoppeltem Elektro-Generator (rot)
außerhalb des Rohres in Kirchberg
Die Wellen der Francis-Turbinen liegen meistens horizontal. Damit sich die Generatoren in relativ sicherer Lage gegenüber allfälligen Überflutungen im Gebäude befinden, sind sie Wellen-parallel über den Turbinen angeordnet. Die Kraftübertragung zwischen beiden Wellen erfolgt jeweils mit einem Riementrieb.
Abb.13: Francis- und Spiralen-Turbine [16]
links: Schema des Kraftwerks mit Francis-Turbine in einer Getreidemühle in Kirchberg (Anmerkung 6),
mit Flachriemen angetriebener Generator wäre über der von der Turbine kommenden Welle sicherer platziert
rechts: am oberen Ende der Spiralen-Turbine über deren Welle montierter Generator,
dazwischen ein gekapselter Riementrieb
7. Anmerkungen
Anmerkung 1:
Oberholzbach erscheint am Anfang auf der Karte allerdings erst ab einer bestimmten Vergrößerung. Vorher wird Grüttbachkanal angezeigt, siehe folgendes Bild (höhere Vergrößerung im Ausschnitt rechts).
Anmerkung 2:
Als Brunnbach wird allgemein ein kleiner oder der Anfang eines grösseren Bachs bezeichnet, der in Gegenden mit hohem Grundwasserpegel vom aus dem Untergrund "aufstossenden" Wasser gebildet wird.
Anmerkung 3:
Das durchschnittliche Leistungspotential P des Grüttbachs beträgt 1.835 kW brutto
Gesamtgefälle h=93,5m, durchschnittlicher Wasserfluss Q=2m³/s bzw. durchschnittliche Gewichtskraft fallenden Wassers F= 2000kg/s·9,81m/s²=19.620N/s;
P=h·F=93,5m·19.620N/s=1.834.470Nm/s≈1.835kW
Anmerkung 4:
Bezogen auf die Nennleistung wären das 230 Tage jährliche Betriebszeit. Auf 360 Tage umgerechnet ist die tatsächliche durchschnittliche Leistung etwa 640 kW.
Anmerkung 5:
Kürzlich wurden Absatzbecken in derselben Ableitung zur Ösch auch auf der anderen Seite der Autobahn gebaut [17]. Die alten Becken könnten entfernt werden, nur das gelegentliche Hochwasser wäre weiterhin zur Ösch wegzuleiten.
Anmerkung 6:
Die Turbine dieser heute noch in Betrieb befindlichen Mühle ist 100 Jahre alt [18]. Besonderheit ist, dass der ab später damit erzeugte Strom alle Mühlenmaschinen mit nur einem Motor antreibt. Dieser wirkt über die früher von einem Wasserrad und dann von verschieden Turbinen direkt angetriebene, heute noch funktionstüchtige Transmissions-Einrichtung auf die einzelnen Maschinen (Mahlwerke u.a.).
7. Quellen
[1] Ernst Meier: Der einzigartige Weg eines Bachlaufes vom Auslauf aus der Emme in Burgdorf bis zur Mündung
in die Aare in Riedholz,
Selbstverlag (ernst@meier.sx), S. 211
[2] Ernst Meier: S. 126, 166 u. 210
[3] Peter Hug - Lexikon: "Der Name Grüttbach ist wenig bekannt und wird von der Siegfriedkarte nur dem Laufstück
Nieder-Gerlafingen - Derendingen beigelegt."
[4] [Ernst Meier: S. 167]
[5] Daniel Stieger: Alte Flurnamen.
[6] Ernst Meier: Flurname Grütt im Bild auf S. 159
[7] Ernst Meier: S. 101
[8] Schweizerischer Fischerei-Verband: Fischer schaffen Lebensraum
[9] Ernst Meier: S. 127 u. ab S. 132
[10] Ernst Meier: S. 133
[11] Ernst Meier: S. 223
[12] Ernst Meier: S. 111
[13] Ernst Meier: S. 105
[14] Ernst Meier: S. 223
[15] Ernst Meier: Bilder auf Seiten 72 und 106
[16] Ernst Meier: Bilder auf Seiten 216 und 189
[17] Ernst Meier: S. 138
[18] Ernst Meier: S. 111
Siegfried Wetzel, CH 3400 Burgdorf, (März 24) Juni 2024
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