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Der Sonntag Septuagesimae
eine Computus-Variante zur Ermittlung seines Kalenderdatums

Inhalt

  1. Einleitung
  2. Der zweit-letzte Vollmond vor dem Frühlingsvollmond
  3. Der Sonderfall Schaltjahr
  4. Anmerkungen

1. Einleitung

Die mit dem Sonntag Septuagesimae beginnende Vorfastenzeit ist eine christliche Periode des Fastens, die vor dem am Aschermittwoch beginnenden 40-tägigen österlischen Fasten liegt. Im evangelischen Kirchenjahr wird sie dem Osterkreis zugerechnet. Ihr erster Tag - der Septuagesimae - ist auf 9 Wochen (63 Tage) früher als der Ostersonntag festgelegt.

Sein Datum wird somit zusammen mit dem mit Hilfe des Computus bestimmten Ostersonntags-Datum eindeutig bestimmt. Obwohl die astronomische Voraussetzung (Frühlingsvollmond) sich direkt für den Ostersonntag bezieht, kann der Datumsfolge trotzdem umgekehrt nachgegangen (und dabei ein Umweg gemacht) werden. Man ermittelt das erste Datum des Osterkreises (Septuagesimae-Datum) und schließt dann daraus auf das Datum des 9 Wochen späteren Ostersonntages. Diese Variation des Computus ist Gegenstand der folgenden Abhandlung. Den Anstoß dazu gab mir eine Arbeit von Gunther Dudda: Wormbach und das Geheimnis der Tierkreiszeichen (Anmerkung 1).

2. Der zweit-letzte Vollmond vor dem Frühlingsvollmond  ↑ Anfang

Der dem Septuagesimae zeitnahe Vollmond wird im Folgenden als später Wintervollmond bezeichnet. Er findet 59 Tage vor dem Frühlingsvollmond statt (Summe aus einer 30 und einer 29 Tage im Mittel langen Mondperiode, Anmerkung 2). Weil die Differenz zwischen Ostersonntag und Septuagesimae mit 63 Tagen nicht gleich groß ist, kann die (zwingende) Ostersonntags-Regel (erster Sonntag nach dem Frühlings-Vollmond) nicht 1:1 auf Septuagesimae übertragen werden. Es gilt die abgewandelte Regel:
"Septuagesimae ist der erste Sonntag nach dem 4 Tage vor dem späten Wintervollmond liegenden Kalendertag."
oder
" Der dem späten Wintervollmond am nächsten liegende Sonntag ist Septuagesimae."
  (Der vorherige Sonntag ist Septuagesimae, wenn der späte Wintervollmond vor oder am Mittwoch ist.
   Ab später Wintervollmond am Donnerstag ist der folgende Sonntag diesem näher.)

3. Der Sonderfall Schaltjahr  ↑ Anfang

Beim Standard-Gebrauch (Bestimmen des Ostersonntages) ist die Auswirkung des im vorherigen Februar eingefügten Schalttages nicht offensichtlich. Die Verschiebung des (zyklischen) Frühlingsvollmondes von Jahr zu Jahr geschieht in den Kalendermonaten März und April auf das von der Goldenen Zahl des Folgejahres festgelegte Kalenderdatum ([1], Anmerkung 3). Der Schalttag geht aber nicht verloren, denn eine der beiden Mondperioden (je nachdem in welche der beiden der Schalttag fällt) vor dem Frühlingsvollmond wird "stillschweigend" um 1 Tag auf 31 bzw. 30 Tage verlängert (Anmerkung 4).

Durch den Schalttag findet der späte Wintervollmond 1 Tag früher statt, denn sein Abstand vom Frühlingsvollmond wird um 1 Tag auf 60 Tage erhöht. Meistens wird die vor dem Frühlingsvollmond letzte Mondperiode verlängert (29 Tage >>> 30 Tage). Weniger oft ist die vorletzte Periode betroffen (30 Tage >>> 31Tage). Der Abstand des Septuagesimae (ein Sonntag !) zum Ostersonntag bleibt aber zwingend 9 Wochen (63 Tage). Das hat zur Folge, dass die oben genannte Regel in Schaltjahren wie folgt zu ändern ist:
"Septuagesimae ist der erste Sonntag nach dem 3 Tage vor dem späten Wintervollmond liegenden Kalendertag."

4. Anmerkungen  ↑ Anfang

Anmerkung 1  ↑ zurück
Der Autor vermutet in den auf der Decke der Kirche St. Peter und Paul in Wormbach angebrachten Symbolen und Figuren und in ihrer gegenseitigen Anordnung einen künstlerisch gestalteten (d.h. erlaubterweise sachlich unscharf bleibenden) Wegweiser zum Auffinden von Daten im Osterkreis. Insbesondere könnte die Nähe zwischen der Sonne im Tierkreissymbol Wassermann (im Kalender ab 18.Januar) und dem Mond am Himmel im Sternbild des Löwen (eine annähernde Positionsbeschreibung für seine Erscheinung als Vollmond im Januar/Februar) ein Hinweis darauf sein, dass an einem der gegenwärtigen Sonntage Septuagesimae ist und der Osterkreis mit der Vorfastenzeit beginnt.

Anmerkung 2  ↑ zurück
Zur Erinnerung: Bei der kichenamtlichen Festlegung des Osterdatums (mit Hilfe des Computus) werden nicht tatsächliche (sog. astronomische), sondern mittlere (sog. zyklische) Werte, die Jahrhunderte lang ausreichend genau sind, verrechnet. Diese sind ganzzahlig; so werden z.B. Mondperioden von entweder 29 oder 30 Tagen Länge benutzt (vorwiegend im regelmäßigen gegenseitigen Wechsel). Auch die Zeitpunkte sind "ganzzahlig": Es genügt das Runden auf Kalendertage (Tagesstunde, Minuten, Sekunden und .. bleiben unbeachtet).

Anmerkung 3  ↑ zurück
Im gregorianischen Kalender sind es nicht immer die gleichen 19 Kalendertage. In Säkularjahren, in denen kein Schalttag mehr eingefügt wird (Sonnengleichung), ändert sich das "Angebot" immer auf 19 andere Kalendertage (jeder davon 1 Tag später als vorher, z.B. in den Jahren 1900, 2100 und 2200). In Säkularjahren mit Mondkorrektur (Mondgleichung) erfolgt ebenfalls eine Verschiebung (jeder der 19 Tage 1 Tag früher als vorher, gelegentlich gleichzeitig mit der Sonnengleichung, deren Wirkung also aufhebend, z.B. im Jahre 2100).

Anmerkung 4  ↑ zurück
Innerhalb mindestens eines Jahrhunderts (jedes 4. Kalenderjahr ist Schaltjahr) ist auch das gregorianische Kalenderjahr im Durchschnitt 365,25 Tage lang. Die im Computus aufeinander folgenden 19 Jahre (Meton-Periode) bestehen aus 235 Mondperioden. Diese Zusammensetzung muss auch 19 x 365,25 Tage lang sein. Die folgende Bilanz (siehe auch: Die Oster-Rechnung von Gauß; 4. Die Meton-Bilanz) zeigt, dass sie das ist:


19 Mondjahre à 354 Tage   = 6'726 (je 12 Per.n, davon je 6 zu 30 u. je 6 zu 29 Tagen)
 6 Schalt-Per.n à 30 Tage =   180 (die Schaltper.n heißen auch "Mondsprünge", sie 
 1 Schalt-Per.n à 29 Tage =    29  verlängern 7 der 19 Mondjahre von 12 (Normaljahr) 
 4,75 Schalt-Tage (Ø)     =     4,75                             auf 13 Mondperioden)
Summe                     = 6'939,75 = 19·365,25 Tage = 19 Jahre 
Die Bilanz führt nur auf die durchschnittliche Jahreslänge von 365,25 Tagen, wenn den in den 235 Mondperioden
(= 19x12 + 6 + 1) enthaltenen Tagen die durchschnittlich 4,75 Schalttage (= 19/4) hinzugezählt werden. Die von den Schalttagen betroffenen Mondperioden werden nämlich zur Vereinfachung der Computus-Arbeit (ob Schaltjahr ist, oder nicht, muss nicht beachtet werden) nicht um diesen 1 Tag verlängert angegeben.

LogoSW Siegfried Wetzel, CH 3400 Burgdorf, Februar 2018

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