LogoSW

<< Home
<< andere Mechanik-Beiträge

  ↓↓  Ende

Über den Kraft-Begriff in der Mechanik

Siehe auch den Artikel Der Kraftbegriff bei A.Recknagel ,
der durch Bezug auf nur eine Literaturstelle enger gefasst ist als der folgende, den ich nachträglich eher als relativ umfangreiche Stoffsammlung für die Beschäftigung mit dem Kraftbegriff, denn als fortlaufend darstellende Abhandlung dazu ansehe.

Vorbemerkung

Einen Tag dacht ich auch schon: «Ich hab es.» schrieb der Dichter Theodor FONTANE, als er ein Buch über den Philosophen Immanuel KANT las. Es kam anders: Verblieb mir schließlich nur noch die Annahme, daß das, was ich verstanden zu haben glaubte, von mir missverstanden oder in Folge völliger Unvertrautheit mit diesen Dingen in seiner tieferen und eigentlichen Bedeutung gar nicht erkannt worden sei. Da konnte denn nicht ausbleiben, daß sich meine ursprünglich freudige Stimmung in eine wehleidige verkehrte, in eine aufrichtige Trauer darüber, in dieser höheren und feineren Welt nicht mitzukönnen. [1].
Mir erging es zuerst ähnlich, als ich mich in die längst verstanden geglaubte NEWTONsche Mechanik erneut einzulesen versuchte. Die dunklen Wolken verzogen sich glücklicherweise, als ich den in breiten Physiker-Kreisen beliebten Begriff der Scheinkraft als Unwort erkannt hatte.

Inhalt

  1. Einleitung
  2. Die NEWTONschen Axiome und der Kraft-Begriff
      2.1 Das Trägheitsprinzip
      2.2 Das Aktionsprinzip
      2.3 Das Wechselwirkungsprinzip
  3. Ergänzende Bemerkungen zu NEWTONs 3. Axiom
  4. Das D'ALEMBERTsche Prinzip
  5. Die NEWTONschen Axiome und die Trägheitskraft
  6. Die NEWTONsche Grundlegung der Mechanik
  7. Mechanik lehren und lernen
  8. Literatur
  9. Anmerkungen

1. Einleitung

Eine in der technischen Mechanik häufig vorkommende Kraft ist die als Zentrifugalkraft oder Fliehkraft bezeichnete. Mit ihr bin ich immer bedenkenlos umgegangen, kürzlich erst in diesen Artikeln: Stabilisator- und Ausgleichsfeder am Auto und Die Pendelachse am Auto.

Weder hierbei noch bei der Behandlung anderer einschlägiger Probleme in meiner langen Ingenieur-Tätigkeit erwies sich das als hinderlich. Dass sie keine "echte", sondern eine Scheinkraft sei und im Wissensgebiet Mechanik nichts zu suchen habe, hörte ich allerdings schon einmal von Physikern, als ich dem Phänomen der Gezeiten (Abschnitt 3. Erklärung der Gezeiten ...) nachging. Meine damals angefertigte Graphik mit eingetragenen Zentrifugalkräften erwies sich aber als brauchbar, und ich vergaß den Einwand bald. Das Unwort "Scheinkraft" hatte ich weder als Ingenieur-Stundent (Physik-Vorlesungen und -Übungen bei Alfred Recknagel [2]) noch in den darauf folgenden mehr als 60 Jahren (Ingenieur als Berufung, auch über die Berufszeit hinaus) gehört oder gelesen.

Auf die abwehrende Physiker-Meinung stieß ich kürzlich erneut, als ich mir die Enzyklopädie-Einträge Kraft, Zentrifugalkraft u.ä näher ansah. Dabei stellte ich fest dass der Grundbegriff Kraft - schon nur in der Mechanik - ein wesentlich weiteres Feld belegt, als ich bisher dachte. Hinzu kam die Überraschung darüber, dass dieses weite Feld offensichtlich von niemand gut genug übersehen wird und folglich auch nicht beschrieben werden kann. Ein erster Beleg dafür waren die o.g. Einträge und die sie begleitenden Diskussionen (Anmerkung 1).

Nach weiterem Studium festigte sich meine Vermutung, dass dieses weite Feld nicht etwa ungenügend fruchtbar, sondern mit zu vielen formalen "Altlasten" bedeckt ist [3]. Es handelt sich um eingefrorene sprachliche Ungenauigkeiten und Verwirrungen und um alte Zöpfe, wie sie in jedem Fachgebiet gehätschelt werden. Die Ungenauigkeiten und Verwirrungen stören nur Außenstehende, die Fachleute bemerken sie nicht oder überwinden sie unbewusst. Von alten Zöpfen nicht abrücken zu können, sehe ich im mir schon fast wahnhaft vorkommenden Beharren auf den drei Axiomen NEWTON's . Das genüge für das Verständnis der Mechanik.

Es mangelt nicht an Klagen darüber, dass der allgemeine Begriff Kraft im Physikunterricht (einschließlich in einführenden Vorlesungen an den Universitäten) ungenügend vermittelt wird. Am strikten Beharren auf NEWTONs Axiomen wird dabei nicht gerüttelt [4], [5]. In einem Fall [5, Seite 27, rechts] soll unbedingt auf die Zentrifugalkraft verzichtet, d.h. sie verschwiegen werden. Das halte ich für naiv, denn ich verstehe diese Axiome auch nicht besser, wenn ich mir Mühe gebe, die Zentrifugalkraft aus meinem Kopf zu verdrängen.

Es gibt auch eine Bestrebung, die gesamte (klassische) Physik anders zu formulieren [6]. Das wird in der Fachschaft bereits aus traditionellen Gründen abgelehnt. Ob es zu besserem Verstehen führen würde, kann ich nicht beurteilen, weil das voraussetzt, mich in die Menge der neuen Beschreibungen von physikalischen Zusammenhängen einzuarbeiten. Dafür bin ich inzwischen zu alt.

Durch meine jüngsten Bemühungen bin ich nicht zu wesentlich besserem sachlichen Verständnis der Mechanik gelangt. Ich erfuhr etwas mehr über Details (und einiges mehr über den Wissenschaftsbetrieb). Meine im Folgenden dargestellte tour d'horizon durch die Mechanik besteht deshalb mehrheitlich aus sich mir im Zusammenhang mit dem Kraft-Begriff stellenden und meistens leider nicht beantworteten Fragen. Sie folgen einander nicht besonders gut geordnet, kreisen aber alle irgendwie vorwiegend um die Rolle des 3. NEWTONschen Axioms im Wissensgebiet Mechanik.

2. Die NEWTONschen Axiome und der Kraft-Begriff
    eine kurze Abhandlung der Axiome unter dem Gesichtspunkt des Kraft-Begriffs

Kraft ist ein vielseitig verwendeter und vieldeutiger Alltagsbegriff, der für physikalische Betrachtungen selbstverständlich enger und eindeutig gefasst werden muss. Beim in der Physik der klassischen Mechanik gebrauchten Begriff wird versucht, ihn ausschließlich aus den NEWTONschen Axiomen abzuleiten. Man definiert KRAFT (Anmerkung 2) unter Anwendung des zweiten NEWTONsche Axioms als diejenige Wirkung, die einen unbeschleunigten Körper beschleunigen kann [7, S.54].
Diese Definition ist mit dem GRUNDGESETZ DER MECHANIK ( = NEWTON'sche = wissenschaftliche Mechanik) − ausgedrückt mit der Bewegungsgleichung Kraft = Masse mal Beschleunigung − untrennbar verbunden [7, Seite 56].

Warum bezieht sich die Definition ausschliesslich auf die Bewegungsänderung (Bechleunigung)?
Spielt doch im Leben von Jedermann die beschleunigte Bewegung eine kleinere Rolle als die unbeschleunigte (die Ruhe eingeschlossen). Und selbst in der Technik (den Physik-Anwendungen), überwiegen statische Konstellationen, in denen nur das Kräfte-Gleichgewicht zu beachten ist. Damit in ein solches auch das dynamische Phänomen Trägheitskräfte (z.B. Fliehkräfte) aufgenommen werden kann, hatte schon D'ALEMBERT das zweite NEWTONsche Axiom anders formuliert (sogenanntes dynamisches Gleichgewicht ([7, Seite 68]; Beschreibung unter 4. D'ALEMBERTsches Prinzip). Somit besteht m.E. für Schüler und aus ihnen werdende Durchschnitts-Techniker beim Gebrauch ihres Kraft-Begriffes gar keine Notwendigkeit sich mit den NEWTONschen Axiomen, die ohnehin nur Kurzfassungen eines umfangreichen Stoffes sind, auseinander zu setzen.

Warum ist die Definition eng an NEWTON und seine Axiome gebunden?

  • Ist doch die KRAFT-Definition erst Teil der später erfolgten Auslegung dessen, was Newton äußerte.
    Newton selbst gebrauchte nämlich keinen eindeutigen Kraft-Begriff.
    Manchmal meinte er die einwirkende Kraft (vis impressae >> KRAFT),
    manchmal aber auch die Trägheitskraft (vis inertiae).
  • Newton formulierte doch seine Axiome vor allem zum seinerzeit aktuellen Problem der Wechselwirkung (Gravitationskräfte) zwischen den Himmelskörpern.
    Die verallgemeinerte Anwendung dieser Axiome erfolgte von späteren Wissenschaftlern.
Ist die Definition doch nicht eindeutig genug?
In den Physik-Lehrbüchern scheint durch, dass für Auslegung und Verallgemeinerung (s.o.) Interpretations-Spielräume bestehen. Mit anderen Worten: Die Autoren (auch an Universitäten Lehrende) vermitteln anscheinend doch keine einheitliche bzw. nicht die "reine" NEWTONsche Lehre und nicht einen eindetig daraus gefolgerten KRAFT-Begriff.

Stellt die Anwendung des D'ALEMBERT'schen Prinzips einen sachlichen Fehler dar?
M.E. handelt es sich nur um einen formalen Mangel: "formal" heißt in diesem Zusammenhang: in der Mechanik NEWTON's kommen keine Trägheitskräfte vor. Tatsächlich existieren sie, und in der Technik geht man mit ihnen mit Hilfe des D'ALEMBERT'schen dynamischen Gleichgewichts problemlos zu alltäglichem Nutzen um.

Zur Untermauerung der oben gestellten Fragen werden die Newton'schen Axiome (1687 in Philosophiae Naturalis Principia Mathematica veröffentlicht) im Folgenden etwas näher, aber kurz besprochen.
Die Axiome sind die Basis der von ISAAC NEWTON begründeten Mechanik (rückwirkend NEWTONsche Mechanik oder Klassische Mechanik genannt).
Ich hoffe keine Fehler einzubauen, indem ich die Axiome nackt und in deutscher Übersetzung zitiere und für die Auslegung nur Sekundärliteratur (auszugsweise und in Deutsch verfasst) verwende.

2.1 Das Trägheitsprinzip

NEWTONs Aussage lautete (1. Axiom):
"Jeder Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen geradlinigen Bewegung, sofern er nicht durch einwirkende Kräfte dazu gezwungen wird, seinen Zustand zu ändern."

Das ist eine Erkenntnis, die vorher schon Galileo GALILEI gewonnen hatte, als er das seit der Antike übliche physikalische Denken zu revolutionieren begann (Anmerkung 3). Sie wurde von Renè DESCARTES deutlicher formuliert, bevor sie Newton in der o.g. Fassung aufnahm (und erfolgreich insbesondere zur Erklärung der Planetenbewegungen benutzte).

Das andauernde Verharren in Bewegung ohne Kraft(-Antrieb) widerspricht der Lebens-Erfahrung auf der Erde (Hemmnisse sind Reibung, Luftwiderstand u.ä.). Nur und erst seit der Weltraumfahrt weiß Jedermann, dass sich die Satelliten tatsächlich antriebslos um die Erde bewegen können (wie es übrigens auch der Mond seit ewigen Zeiten um die Erde und die Erde um die Sonne tun).

Ist im 1. Axiom etwas über das Wesen der "einwirkenden Kräfte" selbst gesagt?
Nein; die zitierten Worte führen nicht zu KRAFT.

2.2 Das Aktionsprinzip

NEWTONs Aussage lautete (2. Axiom):
"Die Änderung der Bewegung ist der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional und geschieht nach der Richtung derjenigen geraden Linie, nach welcher jene Kraft wirkt.“

Damit wird die obige als Trägheitsprinzip formulierte Erkenntnis quantifiziert. Die entsprechende Gleichung könnte die folgende sein:
Δp = F·Δt [8, Seite 4], [7, Seite 67].
"Änderung der Bewegung" ist die Impuls-Änderung  Δp,
"Einwirkung der bewegenden Kraft" ist der Kraftstoß  F·Δt [8, Seite 4].

Stellt diese Gleichung DAS GRUNDGESETZ DER MECHANIK ([2, Seite 80], [7, Seite 56], [9, Seite 22]) dar?
Nein, sie ist die spezielle, später (1850) von Leonhard EULER erstellte, folgende Form:
F = m·a .
Das Spezielle daran ist, dass es für die meistens mit konstantem Wert vorliegenden Masse gilt. Dann ist der Impuls  
p = m·v  nur mit  v  variabel, und es ergibt sich
Δp = m·Δv = F·Δt    >>>    F = m·Δv / Δt = m·a .

Ist in dieser quantitativ vorgenommenen Präzisierung des 1. Axioms etwas über das Wesen der "bewegenden Kraft" selbst gesagt?
Nein; die zitierten Worte führen nicht zu KRAFT.

2.3 Das Wechselwirkungsprinzip

Newtons Aussage lautete (3. Axiom):
„Die Wirkung ist stets der Gegenwirkung gleich, oder die Wirkungen zweier Körper aufeinander sind stets gleich und von entgegengesetzter Richtung."

Ist in dieser Aussage der Zusammenhang mit den Axiomen 1 und 2 unmittelbar erkennbar?
Nein, denn in ihm spielt die Änderung einer Bewegung als Kraft-Wirkung keine Rolle.

  • Ein bekanntes "statisches" Beispiel (es findet keine Änderung der Bewegung statt) ist die Wirkung der Gravitation zwischen der Erde und einem auf ihr liegenden Körper: Die Erde zieht den Körper an und verleiht ihm eine Gewichtskraft, die in gleicher Größe in Gegenrichtung auf die Erde drückt.
  • Als Beispiel für Bewegungs-Änderung sei der gegenseitige Umlauf (vorzugsweise Änderung der Bewegungsrichtung) zweier Himmelskörper (z.B. Erde/Mond u. Sonne/Erde) genannt. Beide Körper bewegen sich infolge der zwischen ihnen wirkenden Gravitationskraft auf je einer Umlaufbahn um den gemeinsamen Schwerpunkt (Baryzentrum). Jeder zieht den anderen mit einer gleich großen Kraft an. Kraft und Gegenkraft sind gleich groß und gegeneinander gerichtet.
Ist im 3. Axiom ein Zusammenhang zwischen "Wirkung" und KRAFT erkennbar?
Folgerichtig Nein, da offensichtlich kein Zusammenhang zwischen 3 Axiom und den vorherigen Axiomen existiert.

Wäre folgende drastische Verkürzung des 3. Axioms hilfreich? Die Wirkung findet zwischen Körpern statt.
Möglicherweise Ja. Der Rest Wirkung zwischen Körpern ist leicht einsichtig. Er deutet darauf hin, dass Kraft keine individuelle Körper-Eigenschaft (Anmerkung 4) ist. Es gibt nur etwas Gemeinsames, nämlich eine Wirkung (Singular!) zwischen den Körpern (Plural!).

Ist es wichtig, sich immer klar darüber zu sein, dass bei einer Kraft immer zwei Körper (auch ruhende) beteiligt sein müssen? (Anmerkung 5)
Dass auf den zweiten Körper in jedem Augenblick die genau gleiche, aber entgegengesetzte Kraft wirkt, ist nicht immer leicht zu erkennen und ist für das Verständnis einer Situation auch gar nicht immer erforderlich. Für mein Nein fand ich eine unterstützende Bemerkung: siehe Anmerkung 6.

So weit, so gut. Vom 3. Axiom geht kaum eine Hilfe aus, die das Verständnis des Kraftbegriffs für den Alltagsgebrauch fördert.
Es ist umgekehrt:
Das 3. Axiom ist eine Hürde für den Umgang mit der Trägheitskraft. Bei ihr könne kein zweiter für die Wechselwirkung erforderlicher Körper benannt werden [5, Seite 24]. In der theoretischen Physik, in der Mechanik mit NEWTONscher Mechanik identisch ist, bleibt sie ausgeschlossen. Auf diese Weise ist dem praktischen Umgang mit dem Begriff Kraft eine erschwerende Einschränkung auferlegt.

3. Ergänzende Bemerkungen zu NEWTONs 3. Axiom
    zwei von späteren Wissenschaftlern dargestellte Zusammenhänge mit Newton's 3. Axiom

In der Literatur (Lehrbücher) wird die Wechselwirkung oft mit der Schlagzeile actio gleich reactio abgetan, und der Diskurs darüber mit dem Impulserhaltungssatz fortgesetzt.
Der Impulserhaltungssatz folgt aus dem 2. und 3. Axiom. Das zu erwähnen erweckt den Eindruck, dass Newton das 3. Axiom folgen ließ, um unmittelbar auf diese Herleitung zu verweisen. Dem steht aber entgegen, dass sich sowohl das 2. Axiom als auch der Impulserhaltungssatz nur auf Änderungen der Bewegung beziehen (Anmerkung 7), das 3. Axiom aber auch auf statische Zustände.
Dafür, dass NEWTON den Impulserhaltungssatz überhaupt dezitiert behandelte, fand ich keine Quelle.

NEWTON hat offensichtlich seine Aussagen immer auf punktförmige Körper bezogen. Die Bewegungsgleichung (2. Axiom) kann aber mit Hilfe des 3. Axioms verallgemeinert werden: Sie ist demnach nicht nur auf Massepunkte, sondern auch auf ausgedehnte Körper anwendbar [7, Seite 84]. Bei Letzteren kann die Wirkung der Kraft auf den Schwerpunkt des Körpers, bzw. von dessen Schwerpunkt ausgehend angenommen werden. Wer möchte, kann sich die entsprechenden Herleitung ansehen [7, Seite 86ff]. Weil diese Tatsache sehr naheliegend ist, kann man sie auch einfach hinnehmen. Sie ist kaum eine Quelle für unsicheren Umgang mit der NEWTONschen Mechanik.

4. Das D'ALEMBERTsche Prinzip
    eine andere und praktischere Formulierung der Aussagen NEWTONs

Neben [dem zweiten Newtonschen Gesetz] kann es ... kein anderes davon verschiedenes Gesetz ... geben. Aber es sind andere Formulierungen möglich, die zuweilen Vorzüge besitzen.[7, Seite 68]

Einen solchen Vorzug stellt das D'ALEMBERTsche Prinzip dar. D'ALEMBERT fasste den Gedanken, ... die beschleunigte Bewegung als eine Art von Gleichgewicht zu betrachten. Dabei befindet sich die beschleunigende Kraft   F=m·a  im Gleichgewicht mit der Trägheitskraft  T=−m·a . Dadurch kann man auf das Bewegungsproblem die (im allgemeinen einfacheren) Gesetze des Gleichgewichts anwenden. Darin besteht die praktische Bedeutung des d'Alembertschen Prinzips. ([7, Seite 68]; Anmerkung 8).

In der wissenschaftlichen Mechanik wird auf das D'ALEMBERTsche Prinzip und seine praktischen Vorzüge zu Gunsten der "reinen NEWTONschen Lehre" verzichtet, weil insbesondere eine Trägheitskraft mit dem 3. Axiom NEWTONs nicht vereinbar sei. Anstatt mit Trägheitskräften arbeitet man ausschließlich mit deren "Gegenstücken", den beschleunigenden Kräften.

5. Die NEWTONschen Axiome und die Trägheitskraft
    eine lose Gedanken-Folge zu diesem Thema

KRAFT und Oberbegriff
Meine Überlegungen gingen vom mich befremdenden Ruf der Zentrifigalkraft in der Mechanik-Wissenschaft aus. Sie gehört zu den Trägheitskräften, von denen im Folgenden allgemein die Rede ist. Trägheitskraft ist sachlich und sprachlich Oberbegriff zu Zentrifigalkraft. Soweit, so gut.
Bei KRAFT verhält es sich gar nicht so selbstverständlich, denn sie ist - weil Trägheitskraft "amtlich" gar nicht existiert- weder sachlich noch "amtssprachlich" Oberbegriff zu Trägheitskraft. Die Gebrauchsregeln für Sprache, dass nämlich Trägheitskraft eine von vielen möglichen Kräften ist, spielen somit keine Rolle, oder werden mit der naiven Forderung, dass dieser Begriff aus allen Lehrmitteln zu tilgen sei, einzuhalten versucht ([5, Seite 27, rechts], Anmerkung 9).

Trägheit und Trägheitskraft
Die indirekte, aber zentrale Aussage im 2. Axiom ist, dass ein Körper eine Trägheit genannte Eigenschaft besitzt, derzufolge er seinen Bewegungszustand nur ändert bzw. er nur beschleunigt wird, wenn eine Kraft auf ihn wirkt.
Gemäß 3. Axiom wirkt ein und dieselbe Kraft zwingend zwischen zwei Körpern. Im vorliegenden Fall beschleunigt die vom ersten Körper ausgehende Kraft den zweiten Körper.
Zur Paarung erster Körper / beschleunigende Wirkung (Kraft) bietet sich als naheliegend an: zweiter Körper / Wirkung der Trägheit (Trägheitskraft)
Aber eben: Naheliegend trifft nur für den allgemeinen Sprachgebrauch zu, nicht für das Kommentieren der NEWTONschen Axiome. Eine Andeutung enthalten diese ohnehin nicht. Und im 3. Axiom wird die Wechselwirkung zwischen Körpern, von denen der eine beschleunigt wird, gar nicht besonders erwähnt.

Der mitbewegte Beobachter
NEWTON machte seine Aussagen im Rahmen eines Inertialsystems (von ihm "absoluter Raum" genannt), also in einer Umgebung, die keiner Beschleunigung unterworfen ist. Möglicherweise versetzte er sich nie in die Lage eines mit dem beschleunigten Körper mitbewegten Beobachters und versäumte deshalb, seine Axiome allgemein gültiger zu formulieren. Die mangelnde allgemeine Gültigkeit haftet im Besonderen dem 3. Axiom an, von dem es heute deztiert heißt, es gelte nicht in mitbewegter Umgebung (Bezugssystem), weil sich die Formulierung der Wechselwirkung nicht auf zwei Körper beziehen lasse [5, Seite 24]. Warum soll das ein Manko sein? Hauptsache ist doch, dass das 3. Axiom eine nützliche sachliche Aussage enthält. Es lässt sich lediglich in einem veränderten formalen Rahmen nicht ausdrücken (Anmerkung 10).

Die Trägheitskraft sei eine Scheinkraft
Wenn in der Literatur doch auf die Trägheitskraft eingegangen wird, dann oft mit Hilfe eines anderen oder variierten Begriffs: Massenkraft [9, Seite 31], "Trägheitskraft" [9, Seite 82], d'Alembert'sche "Trägheitskraft" [7, Seite 68], d'Alembertsche Kraft [9, Seite 31], Trägheitswiderstand [9, Seite 31] und [7, Seite 68], Scheinkraft [7, Seite 68]; Anmerkung 11). Trägheitskraft (ohne Gäsefüße !) ist der in der Praxis/Technik gängigste Begriff, mit den anderen außer Scheinkraft lässt sich auch gut leben, aber für Scheinkraft wäre es besser, es würde "Name ist Schall und Rauch" gelten. Dieser dubiose, nichts selbst sagende und sehr verwirrliche Begriff [11] hält sich leider hartnäckig.

Versuche, den Begriff Scheinkraft zu deuten

Mit Hilfe der drei Lehrbücher [2],, [7], [9] (Aufzählungs- = Anschaffungs-Reihenfolge in meiner Bibliothek) ist keine Deutung möglich. Die Autoren der beiden ersten Bücher waren Professoren einer renomierten Technischen Hochschule bzw einer renomierten klassischen Universität. Beide gebrauchten den Begriff Scheinkraft nicht (Recknagel [2] sprach nicht einmal vom d'Alembert'schen Prinzip). Im dritten Buch gibt es das Wort Scheinkraft ein einziges Mal und nur in der Gleichsetzung mit ... d'Alembertsche "Trägheitskraft" ... [7, Seite 68]; Der Wortteil Schein... wird nicht kommentiert.

Der Begriff Scheinkraft kommt offensichtlich vermehrt nur in kritischen Stellungnahmen zum Physikunterricht vor, wie er in allgemeinbildenden Schulen und in der Grundausbildung an den Universtäten stattfindet [4], [5].
In [4] heißt es z.B.: ... erscheint es angebracht, auch scheinbare (imaginäre) Kräfte einzuführen. Diese "Kräfte" unterscheiden sich von den realen insofern, daß man sie nicht auf Wechselwirkung zwischen den beteiligten Körpern zurückführen kann. Letzteres ist der verständliche Hinweis auf das 3. Axiom NEWTONs. Befremdend bleibt allerdings das Begriffspaar imaginär/real als klare Aussage dafür, dass die Scheinkraft eine unwahre Kraft sei.
In [5] heißt es: Da eine Trägheitskraft ... keine Kraft im Sinne der Newtonschen Axiome ist, wird sie als Scheinkraft bezeichnet. Das ist wieder der verständliche Hinweis auf das 3. Axiom NEWTONs. Gleich anschließend ist zu lesen: Beschreibungen ... [mit Trägheitskräften] ... sind physikalisch richtig. Mit scheinbar (imaginär) in [4] steht physikalisch richtig deutlich im Widerspruch. Anders gesagt: Trägheitskräfte lassen sich doch nicht Potemkin'schen Dörfern gleichsetzen.

Résumé: Das Wort Scheinkraft kommt in Lehrbüchern der Physik so gut wie nicht, in der kommentierenden Literatur aber öfters vor. Man muss allerdings genau hinschauen, was gemeint ist (Kollission mit dem 3. Axiom NEWTONs), denn der Wortteil Schein... wird i.d.R. nicht erläutert. Scheinkraft scheint sich als ein gern und unreflektiert hingeworfenes Unwort bis in die gehobenere physikalische Alltagssprache eingeschlichen zu haben.

praktischer Umgang mit der Trägheitskraft:
In der angewendeten Physik (Technische Mechanik) spricht man ungeniert von der Trägheitskraft und ihren einzelnen Arten wie z.B. von der Zentrifugaklkraft. Von Letzterer hat sogar eine Maschine ihren Namen: die Zentrifuge. Ohne den Brauch, auch Trägheitskräfte ins Kalkül zu ziehen, gäbe es diesen Namen nicht und man könnte das Wandern der schwereren Partikel nach außen nicht mit ihren größerener Zentrifugalkräften, sondern müsste das Wandern der leichten Partikel nach innen mit auf sie wirkenden kleineren Zentripedalkräften erklären. Selbstverständlich sind beide Betrachtungsweisen richtig. Die Zentrifuge aber aus physikalisch-dogmatischen Gründen in etwa Zentripedale umbenennen zu wollen, wäre ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen.
Das gelegentlich ausgesprochene Verbot, sich mit Trägheitskräftern überhaupt zu beschäftigen, lässt sich auch als Bequemlichkeit deuten.

6. Die NEWTONsche Grundlegung der Mechanik
    eine kurzgefasste Würdigung der Arbeit NEWTONs

NEWTON hat "eine als axiomatisch zu bezeichnende Darstellungsweise [eines Teils] der Mechanik begründet." Von Axiomen, ".. über deren Richtigkeit kein Zweifel besteht, die aber nicht bewiesen werden können ..", auszugehen, ist mathematischen Methoden nachgebildet, und wird als NEWTONs ".. ausserordentliche Leistung .." bewertet.
([2, Seite 93], Anmerkung 12)

In seinem 2. Axiom "mathematisierte" ([2, Seite 93]) er das schon von Galilei gefundene Trägheitsgetz und wendete es erfolgreich auf die von KEPLER angegebenen Bewegungsgesetze der Himmelskörper an. Dieses Axiom stellt den Zusammenhang zwischen Trägheit und Änderung der Bewegung dar. Wegen der fundamentalen Bedeutung dieses Zusammenhang, spricht man heute vom Grundgesetz der Mechanik [7, Seite 56]. Es betrifft aber nur die Bewegungsänderung (Dynamik), nicht die ungeänderte Bewegung (bzw. Ruhe oder Statik, die den größeren Teil der Mechanik ausmacht).

Im 3. Axiom behandelte NEWTON die Frage nach dem Wesen der Kraft, die eine wenn auch weitreichende, so doch nur eine Teilfrage der Mechanik ist. Die wesentliche Aussage dieses Axioms ist, dass die Kraft eine Wechselwirkung und keine Körper-Eigenschaft ist. Er beschrieb die Wechselwirkung nur vom ruhenden Beobachter aus (Inertialsystem) und unterließ es, auf die Wirkung auf einen mit-beschleunigten Beobachters einzugehen.

7. Mechanik lehren
    ohne den Lernenden zu verunsichern

Im in der Einleitung stehenden Zitat heißt es u.a.: Da konnte denn nicht ausbleiben, daß sich meine ursprünglich freudige Stimmung in eine wehleidige verkehrte, in eine aufrichtige Trauer darüber, in dieser höheren und feineren Welt nicht mitzukönnen. [1]. Ich gebe zu, dass ich eine Zeit lang glaubte, auf einmal nicht mehr mitkommen zu können. Je länger ich mich aber mit der KRAFT beschäftigte, um so mehr stellte sich heraus, dass ich ein Scheingebäude betreten hatte (wie die Potemkinschen Dörfer tatsächlich nicht vorhanden). So kam ich wieder frei und gewann meine Sicherheit über das, was ich vor 50 Jahren gelernt und problemlos die ganze Zeit danach angewendet hatte, zurück.

Dass dazu auch ein Prinzip gehört, das den Namen von D'ALEMBERT trägt, war mir allerdings neu. Professor Recknagel lehrte es, ohne vom D'ALEMBERTschen Prinzip zu sprechen oder darüber zu schreiben. Er äußerte sich lapidar wie folgt: Ist ein Bezugssystem ... beschleunigt, so ist das ... [in ihm ] ... gemessene Produkt aus Masse und Beschleunigung gleich der Summe aus eingeprägter Kraft und Trägheitskraft. ([2, Seite 240]; eingeprägte Kraft steht für KRAFT). Zur besonderen Trägheitskraft − der Zentrifugalkraft − schrieb er anschließend, dass diese ... in einem rotierenden Bezugssystem eingeführt werden muß, wenn das Trägheitsgesetz [2. NEWTONsches Axiom] gelten soll.
[2, Seite 245].

Bei Professor Pohl kommt das D'ALEMBERTsche Prinzip zwar vor, ist für mich aber nicht ausreichend verständlich dargestellt. Sehr nützlich finde ich seinen Zentrifugalkraft-Rat: Man lasse sich nie auf Erörterungen über Kreis- oder Drehbewegungen ein, bevor man sich ... über das Bezugssystem verständigt hat. [9, Seite 28]. Er befolgt diesen Rat in seinem Buch selbst, indem er die einschlägigen Experimente doppelt erklärt: sowohl aus der Sicht des ruhenden als auch aus der Sicht des mit-beschleunigten Beobachters [9, Seite 83-89]. Professor Recknagel äußerte sich ähnlich: Der Student macht ... sicher keinen Fehler, wenn er erst klar sagt, dass der Vorgang von einem rotierenden Bezugssystem aus betrachtet werden soll, bevor er das Wort Zentrigugalkraft anwendet. [2, Seite 245].

In [7, Seite 68] ist die Behandlung der Trägheitskräfte mit Hilfe des D'ALEMBERTschen Prinzips gut besprochen. Lediglich auf Scheinkraft hätte man verzichten sollen, denn dieses Unwort hat mich einige Zeit lang verunsichert und mir ein ziemlich langes Nachdenken und -recherchieren abverlangt. Wie vielen Lernenden wird es ähnlich ergehen, wird doch dieses Wort offensichtlich immer salonfähiger (Anmerkung 13)?

Schlussendlich stieß ich noch auf die Anwendung des Begriffs Scheinkraft bei Richard P.Feynman, was mich aber nicht enttäuschte. Spricht er doch in seiner bekannten Ungezwungenheit einfach davon, dass Moritz (Joe im Original) seine Kräfte um einen "mysteriösen Term" korrigieren müsse, weil er ein "ungeeignetes Koordinatensystem" verwende. ([10, Kapitel 12−5], geeignet sei das unbeschleunigte System von Max (Moe im Original). An anderer Stelle fand Platzwechsel statt, und es war Moritz, der auf dem Boden stehe und der die "richtigen Gesetze der Mechanik" kenne.

8. Literatur

[1] Otto Drude (Auswahl und Herausgabe): Fontane - Ein Leben in Briefen, insel tb, 1981, Seite 478/79
[2] Alfred Recknagel: Physik - Mechanik, Verlag Technik, Berlin, 1955;
      Seite 93: 2.11 Die NEWTONsche Grundlegung der Mechanik .
[3] Friedrich Herrmann: Altlasten der Physik
[4] J.W.Warren: Understanding Force, 1979; Verständnisprobleme beim Kraftbegriff (deutsche Übersetzung 1998)
[5] Thomas Wilhelm: Trägheitskräfte im Mechanikunterricht? 2016
      Seite 24: Zu [den] Trägheitskräften gibt es aber keinen Wechselwirkungspartner, also keinen zweiten Körper, der
      eine solche Kraft auf den beschleunigten Beobachter ausübt und auf den selbst die betragsgleiche Kraft ausgeübt
      wird.
      Da eine Trägheitskraft keine Kraft im Sinne der Newtonschen Axiome ist, wird sie als Scheinkraft bezeichnet.

      Seite 27, links: ... eine Kraft, die auf einen Körper wirklich wirkt (z.B. Zentripedalkraft) oder die der mitbewegte
      Beobachter zu spüren glaubt (z.B. Zentrifugalkraft).

      Seite 27, rechts In jedem Falle sollte man im Unterricht die Behandlung der Zentrifugalkraft vermeiden ...
[6] Karlruher Physikkurs
[7] Bergmann-Schäfer / Gobrecht: Mechanik, Akustik, Wärme, de Gruyter, 1974
      Seite 54: Beschleunigung ist Anzeichen für eine äußere Einwirkung, ... und zwar das einzige, das die Mechanik
      kennt.
Jede solche Einwirkung ... wird Kraft genannt. Wenn eine Kraft keine Beschleunigung hervorruft,
      dann ...
nur,
      weil sie .... durch eine Gegenkraft kompensiert .. wird.
      Seite 56: .. wird wegen ihrer fundamentalen Bedeutung auch als "Grundgesetz der Mechanik" bezeichnet.
      Seite 68: Solch eine andere Interprätation der Bewegungsgleichung Kraft = Masse · Beschleunigung hat
      d'Alembert ... in dem nach ihm benannten Prinzip gegeben.

      Seite 84: .... ohne das dritte NEWTONsche Gesetz wäre ... eine "Mechanik der Systeme"  [z.B. Mechanik
      ausgedehnter Körper] gar nicht durchführbar.
[8] H.Schrecker: Der Weg zum physikalischen Kraftbegriff von Aristoteles bis NEWTON, NiU-PC 36 (1988) Nr.34
      Seite 4: "Einwirkung der bewegenden Kraft" verweist auf die zeitliche Dauer der Impulsänderung. ...
      Die Verwendung des Wortes "Kraft" ist in den Principia jedoch nicht eindeutig. Kraft ist wohl nicht als
      Wechselwirkungsintensität zu deuten, sondern als Kraftstoß F·Δt, der einen Zusatzimpuls Δp bewirkt.

[9] R.W. Pohl: Mechanik · Akustik und Wärmelehre, Springer 1955
      Seite 22: Diese Erkenntnis ist die Grundlage der Mechanik.
[10] Richard P.Feynman u.a.: Feynman-Vorlesungen über Physik, Band 1, hauptsächlich Mechanik, Strahlung
      und Wärme
, R.Oldenbourg, 1977, Bilingua-Ausgabe (deutscher Text von Heinz Köhler), Kapitel 12−5
[11] Dieter Meschede (Herausgeber): Gerthsen · Physik (Titel),,Springer, 2010
      Seite 41: Die gebräuchliche, aber etwas irreführende Einstufung [der Trägheiskraft] als Scheinkraft ändert nichts
      an realen, oft katastrophalen Folgen.

9. Anmerkungen

Anmerkung 1:
Mein Eindruck stützt sich insbesondere auf die begleitenden Diskussionen, denn kurz zuammenfassende Enzyklopädie-Einträge können ohnehin keine Lehrbücher ersetzen. Unter den hier Versammelten befinden sich auch einige an Universitäten ausgebildete Physiker. Sie arbeiten unermütlich, sich dabei aber relativ erfolglos im Kreise drehend (an Phänomen und Begriff Zentrifugalkraft seit etwa 10 Jahren).

Anmerkung 2:
Der Begriff wird im Folgenden immer in Großbuchstaben geschrieben, wenn er in seiner eingeschränkten wissenschaftlichen Bedeutung gebraucht wird: KRAFT.
Das Vermögen, Körper zu verformen, wurde dieser Definition erst später und ohne Bezug auf NEWTON zugefügt.

Anmerkung 3:
Gallilei nahm erstmals an: "... die eigentliche Ordnung der Dinge erschließe sich erst durch die gedankliche Konstruktion prototypischer, reiner Phänomene, die in der Anfaß- und Vorzeigerealität nicht unmittel vorfindbar sind."; [8, Seite 3]. Er postulierte z.B., dass sich die Bewegung eines Körpers bei Abwesenheit von Reibung ohne Krafteinwirkung nicht ändert.

Anmerkung 4:
Eigenschaften von Körpern, sind z.B. die Masse, das Volumen und diverse Abmessungen. Eine von einem Körper ausgehende Kraft ist nur zu seiner Masse proportional. Der andere Proportionalitätsfaktor ist seine Beschleunigung, die ihm in beliebiger Größe von außen auferlegt wird.

Anmerkung 5:
Warnung vor der Verwechslung der Wechselwirkung mit dem Kräftegleichgewicht:
Auf nur einen Körper können zwei oder mehrere Kräfte wirken ohne dass sich dessen Bewegungszustand ändert. Es besteht Kräftegleichgewicht (ein Zustand, der bei der Untersuchung von durch Kräfte beanspruchten technischen Systemen ausgenutzt wird).
Dem Wechselwirkungsprinzip liegen zwei Körper und eine Wirkung zugrunde.

Anmerkung 6:
In der Literatur wird bei der Behandlung von Beispielen oft auch kein zweiter Körper benannt. Als Begründung für diese Unterlassung fand ich folgende Bemerkung: "Wenn man .. oft von der "Kraft, die auf [nur] einen Körper wirkt" (z.B. [von] der Gewichtskraft auf den [einen] fallenden Körper) spricht, dann tut man dies deshalb, weil man nur an einem Wechselwirkungs-Partner interessiert ist und den anderen nicht in den Blick nimmt." [8, Seite 6]

Anmerkung 7:
•  2. Axiom: Bewegungs-Änderung, allgemein infolge Kraftstoß,
•  Impulserhaltunssatz: Bewegungs-Änderung z.B. gegeneinander stoßender Körper in einem abgeschlossenen System.

Anmerkung 8:
Umgekehrt gilt: "Wenn man ... statische Methoden auf das dynamische Problem anwendet, so muss man die Trägheitskräfte einführen." [7, Seite 69].

Anmerkung 9:
Man kann z.B. Zentrifugal-/Fliekraft nicht aus der deutschen Sprache tilgen. Sie den Schülern auch nur vorläufig vorenthalten zu wollen, erachte ich als krasse Bevormundung. Ich würde mich auch vehement dagegen wenden, wenn man mir als jungen Ingenieur nicht die eigenständige Neukonstruktion einer Ultrazentrifuge anvertraut hätte (Verdopplung der an der Probe wirksamen Zentrifugalbeschleunigung auf etwa 350'000 mal Erdbeschleunigung).

Anmerkung 10:
Mit Zentrifugal- und Zentrifugalkraft sind gleich groß und einander entgegen gerichtet, kann wenigstens ein Teil des 3. Axioms (".. stets gleich und von entgegengesetzter Richtung") wiederholt werden.
Der eventuelle Gedanke, der mitbewegte Beobachter schaue nicht über seinen "Tellerrand" hinaus, ist unzutreffend. Der Beobachter erkennt mit offenen Augen, dass die auf ihn wirkende (nicht nur zu spüren geglaubte [5, Seite 27, links]) Trägheitskraft mit Vorgängen in Zusammenhang steht, die außerhalb seiner mitbewegten Umgebung stattfinden. Erst als verschwindend kleiner Bewohner der riesig großen, aber schwach beschleunigten Erde (infolge deren Eigendrehung und um eine Größenordnung nochmals schwächer infolge ihres Umrundens der Sonne) versagen alle seine Sinne, diese Beschleunigung überhaupt wahrzunehmen und dann noch mit Vorgängen außerhalb (Gravitation der Sonne auf die Erde) in Zusammenhang zu bringen.

Anmerkung 11:
Es werden auch Gegensatzpaare wie real/nicht-real, echt/unecht und wirklich/scheinbar gebraucht (der erste Paare-Teil bezieht sich jeweils auf KRAFT). Als deutliche Absage an dieses Vorgehen kann Folgendes verstanden werden: "Die Realität von Kräften und die Unterscheidung "wirklicher" und "scheinbarer" Kräfte kann nicht Gegenstand einer physikalischen Betrachtung sein." [9, Seite 89].

Anmerkung 12:
Die Nachbildung mathematischer Methoden ist mit Principia Mathematica im Titel von Newtons Werk Philosophiae Naturalis Principia Mathematica angedeutet.

Anmerkung 13:
"Trägheitskraft" geht uns leicht über die Lippen. Professor Pohl fühlte sich damit aber offensichtlich nicht wohl:
Ein farbloserer [unmissverständlicherer] Name oder eine eigene Wortbildung ... wäre zweckmäßiger gewesen.
[9
, Seite 83].

LogoSW Siegfried Wetzel,  CH 3400 Burgdorf,  August bis November 2019 (Jan.20)

 ↑↑ Anfang

<< andere Mechanik-Beiträge
<< Home