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Prismen-Bilder von komplementärfarbigen Objekten
Ergänzungen zu und Replik auf
Entdeckung der unordentlichen Spektren von Ingo Nussbaumer

Inhalt

1. Zusammenstellung aus Newton- und Goethe- Kantenspektrum und 6 "unordentlichen Spektren" nach Nussbaumer
2. Prisma-Versuchsbedingungen
3. Spektren
4. Darstellungsformen des Farbsystems von Nussbaumer
5. Physikalisch-optische Erklärung der Prismen-Bilder komplementärfarbiger Objekte
   5.1 Prismen-Bilder von Ersatz-Objekten (Ersatz für Newton- und Goethe-Spektrum)
   5.2 Die Prismen-Bilder Nussbaumers
        5.2.1 Prismen-Bilder einfacher Farbübergänge
        5.2.2 Prismen-Bilder doppelter Farbübergänge
6. Replik auf Entdeckung der unordentlichen Spektren von Ingo Nussbaumer
7. Physikalisch-optische Erklärung einiger ausgewählter Darstellungen Nussbaumers
8. Literatur
9. Anmerkungen

1.   Zusammenstellung aus Newton- und Goethe- Kantenspektrum und
      6 "unordentlichen Spektren" nach Nussbaumer   ↑ Anfang

In Anlehnung an die Kantenspektren von Goethe und Newton entwarf der Künstler Ingo Nussbaumer weitere Objekte, die beim Betrachten durch ein Prisma als farbige Bilder erscheinen. Die unbunten Komplementärfarben Schwarz und Weiß in den Objekten Goethes und Newtons ergänzte er mit den bunten Komplementärfarbenpaaren Rot - Cyan, Grün - Magenta und Blau - Gelb. Die Objekte der von ihm "unordentliche Spektren" genannten zusätzlichen drei Paare sind wie das erste Paar je ein farbiger Streifen in komplementärfarbenem Umfeld. Sie werden mit vor den Augen gehaltenem Prisma betrachtet, wobei der Abstand zum Objekt (Anmerkung 1) so zu wählen ist, dass an Stelle des Objekt-Streifens drei andersfarbige Streifen erscheinen: Abb.1.

Abb.1  Newton- und Goethe-Kantenspektrum, ergänzt mit 6 unordentlichen Spektren nach Nussbaumer mit
           Objekten als bunte Streifen vor Hintergrund in in komplementärfarbenem Umfeld; Prismen-Bilder unten
           [1: S.132], umsortiert, beschnitten
           Zur Zusammenfassung in gemeinsames Farbsystem umbenannt in
           8 Prismen-Bilder komplementärfarbiger Objekte.

In jedem der vier nebeneinander gesetzten Paare stoßen sowohl im Objekt (Abb.1: oben) als auch im Prismen-Bild (unten) die enthaltenen Kopmlementärfarben paarweise zusammen. Enthalten sind jeweils alle der drei sogenannten unteilbaren Grundfarben Rot, Grün und Blau (RGB-System), alle der sogenannten teilbaren Grundfarben Cyan, Magenta und Gelb (CNY-System), und die beiden unbunten Farben Schwarz und Weiß (Anmerkung 2).Nur die Feldfarbe kommt doppelt vor: auf beiden Seiten des farbigen Objekt-Streifens.

Nussbaumer stelle damit ein vom Betrachter aktiv zu erfassendes Kunstwerk mit "hohem ästetischen Reiz", das "unser Auge" ... und "unseren Intellekt ... erfreut" [1: S.17], vor. Die Zusammenstellung der vier Prismen-Bild-Paare behandelt er auch als ein neu geschaffenes Farbsystem, das sich wie folgt auszeichne: "An der Totalität komplementärer Spektren gestaltet sich damit ein in sich fortgreifendes und auf sich zurückgreifendes System von Farben, das heißt: in einem geschlossenem Farbsystem" [1: S.229]. Der großen Zahl seit Jahrhunderten existierender Farbsysteme [2] fügt er ein neues System hinzu, das insbesondere mit Hilfe der Komplementärität zwischen Farben den Benutzer mehr bieten will als lediglich einen Überblick erleichternde geometrisch-formale Merksätze (hier den "Seiten- und Folgenwechsel" der Komplementärfarben in den "unordentlichen Spektren, [1: S. 212-14]). Ein solcher "Mehrwert" steckt darin, dass jedem komplementären Farbpaar wechselweise das neu formulierte Eigenschaften-Paar "Bild- und Glanzfarbe" zugefügt wird [1: S.223-25]. Dieses "Erlebnisphänomen" ... "berührt gelegentlich ein Feld, das Goethe unter der sinnlich-sittlichen Wirkung der Farben zu fassen versuchte" [1: S.215].

Die "unordentlichen Spektren" sind schließlich auch Nussbaumers experimentelle Arbeit, mit der er die Farbforschung im Sinne Goethes, mit dem er sich als Künstler seelenverwandt fühlt, fortzusetzen versucht. Somit geht es über die Schaffung eines Farbsystems hinaus, um mehr, als das ledigliche "Erscheinen von Spektralfarben" [1: S.31] anzuzeigen. Es geht somit um Argumentationen, die kritisch zu beleuchten und im Unterschied zu künstlerischen Darstellungen auch kritisch beleuchtbar sind.

2.   Prisma-Versuchsbedingungen   ↑ Anfang

Newton und Goethe experimentierten mit Tageslicht. Sie gaben Weiß (Helle) und Schwarz (Finsternis) vor. Farben entstanden erst beim Prismen-Durchgang des weißen Lichts. Anders Nussbaumer: Er gibt Farben bereits vor, die nur ausnahmsweise (zusammengesetzte Farben) prismatisch getrennt, im wesentlichen dabei nur verschieden abgelenkt werden. Somit lassen sich die originären Versuche von Newton und Goethe nicht mit Nussbaumers Versuchen als Gleichartiges zusammen fassen. Da es aber nur um den Vergleich von Prismen-Bildern geht, ist ein Ausweg möglich. Dieser besteht darin, dass man die Konstruktion der abzubildenden Objekte vereinheitlicht, bzw. den weißen Streifen (Newton) und das weiße Umfeld (Goethe) ebenfalls mit RGB-Lichtern herstellt: Die Weiß-Anteile der Objekte werden nur von den drei Farben Rot, Grün und Blau in je gleicher Stärke dargestellt.

3.   Spektren   ↑ Anfang

Da in seinen Prismen-Bildern keine Farbsäume entstehen, spricht Nussbaumer auch nicht von Kantenspektren. Bei den o.g. Ersatz-Objekten entstehen auch keine Farbsäume. Weißes Licht wird nirgends auch nur teilweise in sein Farbspektrum zerlegt. Es entehen keine (theoretisch unendlich viele) kontinuierlich ineinander übergehende Farben wie im Farbspektrum (Abb.2). Farbstreifen, die gleich wie im Farbspektrum benachbarte Farben haben, existieren ohnehin nur beim Prismen-Bild des Newton-Ersatz-Objekts (Anmerkung 3), bei keinem der anderen 7 Prismen-Bilder. Somit verwerfe ich den Nussbaumerschen Begriff "unordentliche Spektren" zu Gunsten von "Prismen-Bilder von komplementärfarbigen Objekten", was auch für die beiden Ersatz-Objekte passend ist. Auf den Begriffsteil "unordentlich" ist wegen der Abkehr von den originären Kantenspektren Newtons und Goethes ohnehin zu verzichten.

Abb.2  Das Farbspektrum (Newton: "coloured spectrum"), die geordnete Reihe aller im Weiß enthaltnen Farben,
           WikimediaCommons: Tatoute and Phrood

4.   Darstellungsformen des Farbsystems von Nussbaumer   ↑ Anfang

Nussbaumer hat die jeweils 8 Farben aus den Prismen-Bildern in der in Abb.3 gezeigten Weise abstrakt neu zusammen gestellt. Damit hat er sich als Maler daran beteiligt, "eine spezielle Differenz zwischen einer natürlich vorgefundenen, technisch hergestellten, verarbeiteten und einer erst künstlerisch entwickelten und erfahrbaren Idee von Farbe" zu geben [1: S.23-24]. Obwohl die ihn primär beschäftigende Farbwissenschaft an dieser Stelle im Hintergrund bleibt, halte ich die gewählte Darstellunsform für ungeschickt. Den unterlegten geometrischen Rahmen (drei sich überschneidende Kreise) haben nämlich längst die Farbphysiker und -techniker für die Prinzipdarstellungen der Farbmischungen (additiv und subtraktiv) besetzt (Anmerkung 4). Zur Milderung des Dilemmas schlage ich eine andere (zugegeben: weniger schöne), die in Abb.4 gezeigte Darstellung vor.

Abb.3  Ordnung der im Objekt und im Prismen-Bild enthaltenen Farben (s. Abb.1) der 8 untersuchten
           komplementären Farb-Objekte: im Umfeld und in 7 Teilfeldern von 3 sich überschneidenden Kreisen.
           [4]: S.133, umsortiert, beschnitten

Abb.4  Ordnung der im Objekt und im Prismen-Bild enthaltenen Farben (s. Abb.1) der 8 untersuchten
           komplementären Farb-Objekte: im Umfeld, in 2 drei-geteilten konzentrischen Kreisringen und im inneren Kreis
           Variante zu Abb.3

5.   Physikalisch-optische Erklärung der Prismen-Bilder
      komplementärfarbiger Objekte   ↑ Anfang

<< Abb.5   Newton-Kantenspektrum durch relativ engen Spalt
                 (siehe Durchs Prisma fotografiert (Abb.6))

Meiner Replik darauf, welche Bedeutung die Prismen-Bilder komplementärfarbiger Objekte in Nussbaumers Eingehen auf die Farbenlehre Goethes haben, stelle ich deren physikalisch-optische Erklärung voran. Dabei zeigt sich, dass von ihnen diesbezüglich keine Überraschung ausgeht. Ich kann sie auf gleiche Weise wie die originären Kantenspektren Goethes und Newtons in einer früheren Arbeit erklären. Da bei den vorliegenden Prismen-Bildern zwei von den o.g. Ersatz-Objekten anstatt von den originären Objekten Goethes und Newtons stammen, werden diese zuerst konstruiert und ihre Bilder besprochen.

5.1   Prismen-Bilder von Ersatz-Objekten
         (Ersatz für Newton- und Goethe-Spektrum)   ↑ Anfang

Mit Hilfe der älteren, hier als Abb.5 übernommenen Darstellung bilde ich die beiden mit RBG-Kunstlicht beleuchteten Ersatzobjekte und bespreche deren Prismen-Bilder (Abb.6 u. Abb.7). Konstruktion und Erklärung aller folgenden Prismen-Bilder ergeben sich aus den Abbildungen 5 bis 7.

Das Kantenspektrum der Abb.5 enthält prinzipiell (allerdings weniger deutlich als im Farbspektrum, Abb.2) fließende Übergänge zwischen mindestens 5 unterscheidbaren Farben. Ihre Darstellung in voneinander abgesetzten Farb-Blöcken ist eine schematische Näherung. Bei der Umstellung auf Weiß-Beleuchtung des Spaltes durch RGB-Kunstlicht reduziert sich das Prismen-Bild in Abb.6 auf 3 Farben (Rot, Grün und Blau). Mehr Farben sind nicht vorhanden, und ihre Darstellung als homogene Blöcke ist ohne wesentliche Abstriche richtig (Anmerkung 5). Auch im Prismen-Bild der Abb.7 gibt es nur 3 Farben, nämlich die aus den RGB-Farben durch additive Farbmischung im Auge entstehenden CMY-Farben. Damit die 3 Farben in den Prismen-Bildern lückenlos nebeneinander fallen, sind Versuchsbedingungen einzuhalten: Wahl der Objekt-Breiten (Spalt bzw. Balken) und des Betrachtungsabstandes (schmalere Objekte wirken gleich wie größerer Abstand). Dass die Ablenkung von Farbe zu Farbe proportional wächst und die unterschiedlichen Farb-Blöcke in den Bildern gleich breit sind, sind vereinfachende Annahmen (Anmerkung 5a).

Abb.6   Prismen-Bild eines RGB-weißen Spalts           Abb.7   Prismen-Bild eines Balkens in RGB-weißer Umgebung

Zeichenerklärung

  • Das durchs Prisma zu betrachtende Objekt befindet sich unten.
  • In den Zeilen darüber darüber befinden sich die Prismen-Bilder, aufgelöst nach RGB-Farbe.
  • Oben befindet sich das zusammengesetzte (additive Mischung) Prismen-Bild.
  • Prismen-Symbol (Abb.5) und Pfeil (Abb.n 6 u. 7) zeigen Richtung, in der die Farben durch das Prisma ins Prismen-Bild abgelenkt werden (Anmerkung 6).
  • Ablenkungs-Skala : 0 ≜ Rot, (1 ≜ Gelb,) 2 ≜ Grün, (3 ≜ Cyan,) 4 ≜ Blau       (1 und 3 sind keine RGB-Farben)
    Alle Farben werden deutlich in Pfeilrichtung abgelenkt. Um Platz zu sparen, ist die Skala und die darüber befindliche Darstellung zurück gerückt gezeichnet: 0 ≜ Rot fluchtend über der (rechten) Objektkante.

5.2   Prismen-Bilder Nussbaumers    ↑ Anfang

Nussbaumer stellt seine farbigen Objekte auf Computer-Bildschirmen (Anmerkung 7) dar, verwendet somit keine reinen Spektralfarben für Cyan und Gelb, sondern setzt diese aus den RGB-Farben des Bidschirms zusammen. Nur weil diese beiden Farben durch das Prisma in ihre je 2 RGB-Farben aufgelöst werden, kann es in den Prismen-Bildern auch zum Auftreten der anderen zusammengesetzten Farben und zu Schwarz und Weiß kommen. Diesen aus der "Not technischer Möglichkeiten geborenen Gewinn" für den Farbreichtum seiner Prismen-Bilder kommentiert Nusbaumer nicht.

In formaler Analogie zur üblichen Erklärung der Goethe- und Newton-Spektren behandelt Nussbaumer zuerst die Prismen-Bilder einfacher Farbübergänge (entsprechen den Kantenspektren). Denen folgen die Prismen-Bilder doppelter Farbübergänge (ensprechen den zu sogenannten Vollspektren zusammen gerückten Kantenspektren). Meine Erklärungen folgen diesem schrittweisen Vorgehen.

<< Abb.8   6 einfache Farbübergänge (1, 2, ..., 6)
                 nach Nussbaumer
                 Objekte:
                 aneinander stoßende Komplementärfarben
                 Prismen-Bilder: rechts
                 [1: S.144], umsortiert, beschnitten, beschriftet

5.2.1  Nussbaumer: Prismen-Bilder
         einfacher Farbübergänge   ↑ Anfang

Wegen der Abhhängigkeit des Prismen-Bildes von der Richtung des Farbübergangs, wird jeder Farbübergang zweimal behandelt.

In den folgenden schematischen Bildern, die das in Abb. 8 zu Sehende erklären, sind auch die theoretisch möglichen, aber aufwändigen (Anmerkung 8) Varianten der Objekt-Darstellung mit spektralem Cyan und Gelb enthalten. Dabei entstünden Prismen-Bilder mit weniger Farben (oben in den Abbildungen 9 und 10).

Die aus [4] übernommenen Abbildungen verloren schon bei der Übertragung in Farbdrucke des Buches und erneut bei meinen Scans zurück in den PC an Farbtreue. Diese Tatsache ist beim Vergleichen z.B. der Abb.8 mit den Abbidungen 9 bis 11 und der Abb.12 und 13 mit den Abbidungen 14 bis 16 zu beachten.

Zeichenerklärung (Fotsetzung)

  • Weiß * (oben in Abb.n 9a und 10a): Bei der additiven Mischung zweier Komplementärfarben entsteht nicht der Eindruck eines reinen Weiß, statt dessen wird ein mehr oder weniger helles Grau gesehen.
  • Die Zusammensetzung der in den Objekten enthaltenen CMY-Farben aus je 2 RGB-Farben ist unten in den Abb.n 9 bis 11 schematisch angedeutet.

1     GELB — BLAU
2     BLAU — GELB

Abb.9a   Gelb — Blau                                                       Abb.9b   Blau — Gelb

3     ROT — CYAN
4     CYAN — ROT

Abb.10a   Rot — Cyan                                                        Abb.10b   Cyan — Rot

5     MAGENTA — GRÜN
6     GRÜN — MAGENTA

Abb.11a   Magenta → Grün                                               Abb.11b — Grün — Magenta

ERGEBNISSE UND KOMMENTARE

  • Die Reihenfolge und die Anzahl der bunten und unbunten Farbstreifen in den sechs Prismen-Bildern 1, 2 ..., 6 (Abb.8) werden bestätigt.
    Anstatt die Ergebnisse mit Abb.8 oder mit den in [4] gedruckten Farben zu vergleichen, kann man auch einen Blick durchs Prisma auf die Bildschirm-Objekte werfen und mit dem dabei Gesehenem vergleichen.
  • Der Aufbau der Prismen-Bilder ist unabhängig vom Maßstab (Objektbreite/Betrachtungsabstand).
  • Es entstehen die zwei erwarteten Streifen in neuen Farben, worunter sich auch Weiß und Schwarz befindet.
    Weiß: Im Prismen-Bild gibt es eine Stelle, auf die alle RGB-Farben fallen und sich zu Weiß addieren.
    Schwarz: Im Prismen-Bild entsteht eine unbeleuchtete Lücke ("kein Licht").
  • Die gesehenen Farbstreifen sind besser homogen (weniger zu anderen spektralen Tönen verlaufend) als die Kantensäume des originären Newton- und Goethe-Kantenspektrums.
    Das Objekt enthält bereits homogene Farbfelder, anstatt weißer Felder mit allen Spektral-Farben, die jede für sich anders abgelenkt würde.
Cyan und Gelb als Spektral-Farben (ohne Versuche)
Wenn man Cyan und Gelb als reine, nicht als zusammen gesetzte Farben (das Zusammensetzen ist allerdings sowohl auf Computerbildschirmen als auch beim Farbdrucken die übliche Technik) verwendet, entstehen andere Farbstreifen: 1a, ..., 4a.
  • Der Farbübergang wird nur von einem einziger Streifen, der weiß * oder schwarz ist, begleitet.
    Weiß *: Die beiden Farbfelder überlagern sich teilweise im Prismen-Bild (additive Mischung komplementärer Farben führt zu Unbuntheit).
    Schwarz: Im Prismen-Bild entsteht zwischen den im Objekt aneinander stoßenden Farbfeldern eine Lücke ("kein Licht").

5.2.2  Nussbaumer: Prismen-Bilder
         doppelter Farbübergänge   ↑ Anfang

Ein sogenanntes "unordentliches Spektrum" von Nussbaumer ist das Prismen-Bild zweier eng benachbarter gleicher, nur in umgekehrter Richtung stattfindender einfacher Farbübergänge. Die in der Mitte liegende Farbe bildet formal die Analogie zum weißen Spalt des originären Newton- bzw. zum schwarzen Balken des originären Goethe-Spektrums. Mit den 3 komplementären Farbpaaren Gelb-Blau, Rot-Cyan und Gün-Magenta werden 6 Prismen-Bilder erhalten, durch Wechsel der Reihenfolge je 2 pro Farbpaar (siehe Abb.1 rechts und Abb.12: A, B, ..., F)

<< Abb.12   6 doppelte Farbübergänge (A, B, ..., F)
                   nach Nussbaumer
                   Objekte: schmale Farbstreifen vor
                                 Hintergrund in Komplementärfarbe
                   Prismen-Bilder: rechts
                   [1: S.132], umsortiert, beschnitten, beschriftet

Die Breite des mittleren Farbstreifens bestimmt gemeinsam mit dem Betrachtungsabstand, wann die Prismen-Bilder der beiden einfachen Farbübergänge zusammen stoßen, und welche anderen Farben danach sichtbar werden.

Im unteren Teil der Abb.n 14 bis 16 ist der Mittelstreifen gerade so breit gewählt, dass die 2 Farben der einfachen Übergänge zusammen stoßen: Diese Vorstufe (Bildungsstufe) zum Prismen-Bild A enthält z.B. die Farb-Gruppen 1 und 2, die Vorstufe von B die Farb-Gruppen 2 und 1. Die ursprüngliche Farbe des Mittelstreifens ist verschwunden.

Das jeweilige obere Teil-Bild ist das Ergebnis bei schmalerem Mittelsteifen und entspricht den angestrebten Bildern A, B, ... oder F.

Abb.13  Bildungsstufen-Schema: Kantenspektren A und B
             [1: S.131], Tafel 19, Auszug, 2-fach gespiegelt
Würden spezielle Farblichtquellen, die spektrales Cyan oder Gelb aussenden, verwendet, entstünden andere, farbärmere Prismen-Bilder, die in den Abbildungen 14c und 14d bzw. 15c und 15d schematisch dargestellt sind.

In der mittleren Zeile der Abb.13 stoßen wie in den unteren Teilen der Abb.n 14a und 14b die beiden Farb-Gruppen gerade zusammen (frühe Bildungsstufe, 4-farbig). In der oberen Zeile sind die beiden zusammenstoßenden Farben zugunsten einer einzigen neuen Farbe verschwunden (höhere Bildungsstufe, 3-farbig) - wie auch in den oberen Teilen der Abb.n 14a und 14b: A und B. In Abb.13 wurde die Distanz zwischen Objekt und Beobachter mit Prisma vergrößert, in den Abbildungen 14 wurde der Mittelstreifen im Objekt schmaler gemacht. Die Wirkungen beider Maßnahmen sind abgesehen vom Abbildungsmaßstab gleich.

A     GELB — BLAU — GELB
B     BLAU — GELB — BLAU

Abb.14a   Gelb—Blau—Gelb   mit RGB-Gelb (zusammengesetzt aus R und G)
Abb.14b   Blau—Gelb—Blau   mit RGB-Gelb

Abb.14c   Gelb—Blau—Gelb   mit spektralem Gelb              Abb.14d   Blau—Gelb—Blau   mit spektralem Gelb

C     ROT — CYAN — ROT
D     CYAN — ROT — CYAN

Abb.15a   Rot—Cyan—Rot   mit RGB-Cyan (zusammengesetzt aus G und B)
Abb.15b   Cyan—Rot—Cyan   mit RGB-Cyan

Abb.15c   Rot—Cyan—Rot   mit spektralem Cyan                Abb.15d   Cyan—Rot—Cyan   mit spektralem Cyan

E     MAGENTA — GRÜN — MAGENTA
F     GRÜN — MAGENTA — GRÜN

Abb.16a   Magenta—Grün—Magenta                                 Abb.16b   Grün—Magenta—Grün

ERGEBNISSE UND KOMMENTARE

  • Die Reihenfolge und die Anzahl der bunten und unbunten Farben in den sechs Prismen-Bildern A, B, ..., F (Abb.12) werden bestätigt.
    Anstatt die Ergebnisse mit Abb.12 oder mit den in [4] gedruckten Bildern zu vergleichen, kann man auch einen Blick durchs Prisma auf die Bildschirm-Objekte werfen und mit dem dabei Gesehenem vergleichen.
  • Die Prismen-Bilder sind von der Breite des Mittelstreifens und/oder vom Betrachtungsabstand abhängig (schmaler/größer werdend: Mittelstreifen noch teilweise sichtbar → Farb-Gruppen stoßen zusammen (4 Farben) → 3 Farben).
    Die Erklärung der Entstehung der mittleren der zuletzt 3 Farben ist sowohl anders als die beim originären Newton- (Entmischung im Weiß) als auch die beim originären Goethe-Kantenspektrum (Mischung der benachbarten Farben). Zur entsprechenden Bild-Stelle hin werden andere Teilflächen aus dem Objekt oder kein Licht (F) gelenkt. Zur Erklärung der weißen und schwarzen Farben: s. oben (Nussbaumer: Prismen-Bilder einfacher Farbübergänge).
  • Eine Präferenz für ein 3-farbiges oder ein 4-farbiges Prismen-Bild (zwei verschiedene "Bildungsstufen") ist nicht erkennbar. Durch die als willkürlich zu beurteilende Entscheidung für 3 Farben im andersfarbigen Umfeld vermeidet Nussbaumer, dass zwei zueinander komplementäre Farben in einem einzelnen Prismen-Bild vorkommen.
  • Die Farben sind besser homogen (weniger zu anderen spektralen Tönen verlaufend) als die Kantensäume des originären Newton- und Goethe-Kantenspektrums.
    Das Objekt enthält bereits homogene Farbfelder, anstatt weißer Felder mit allen Spektral-Farben, die jede für sich anders abgelenkt würde.
Cyan und Gelb als Spektral-Farben (ohne Versuche)
Wenn man Cyan und Gelb als reine, nicht als zusammen gesetzte Farben (das Zusammensetzen ist allerdings sowohl auf Computerbildschirmen als auch beim Farbdrucken die übliche Technik) verwendet, entstehen andere, farbärmere Prismen-Bilder.
  • Die Prismen-Bilder Asp und Bsp (Abb.n 14c und 14d) und Csp und Dsp (Abb.n 15c und 15d) enthalten nur zwei Farben, von denen eine das unbunte Schwarz ist.

6.   Replik auf Entdeckung der unordentlichen Spektren von Ingo Nussbaumer
      ↑ Anfang

Im ersten Teil seines Buches macht Nussbaumer den "Versuch einer genaueren Gegenüberstellung von Newtons Optik und Goethes Farbenlehre", wobei er in anderen Darstellungen oft "ausgeblendete Schwächen und vernachlässigte Stärken" nennen will [1: S.23]. Er sei einem "in der goetheschen Farbenlehre häufig" fehlendem "möglichst neutral vergleichendem Zusammenhang" ... "auf der Spur" [1: S.24-25].

Der Vergleich erfolgt relativ ausführlich, wobei Goethes wissenschaftliche Methode mit dem Begriff "[konstruktive] Strukturphänomenologie" bezeichnet und als ergänzungsfähig angesehen wird [1: S.26]. Goethe wird somit eine nicht unmittelbar gehabte, sondern eine Stärke zugesprochen, die sich in der Zukunft hätte einstellen können (Anmerkung 9). Wesentlicher Unterschied zu Newton, der analytisch verfahre und erkläre (wissenschaftliche Begriffe: quid iuris, Begründungszusammenhang), sei Goethes Ziel, "die Theorie [oder Idee] den Dingen bzw. den Phänomenen Schritt für Schritt methodisch zu entlocken, sie selbst sich zum erklärenden Ausdruck bilden zu lassen" [1: S.25], (wissenschaftliche Begriffe: quid facti, Entstehungszusammenhang; Anmerkung 10).

Nussbaumers Ziel und Vorgehen, Goethes Kantenspektrums-Versuche zu vermannigfaltigen, um die Frage danach, wie Farben aus Sonnenlicht (Tageslicht) entstehen, klären zu helfen, müssen wie bereits oben angesprochen mehrfach hinterfragt werden:

  • Die im zweiten Buchteil näher besprochenen "unordentlichen Spektren" (Anmerkung 11) sind Prismen-Bilder von farbigen Objekten. Farben sind bereits vorgegeben. Die Frage nach ihrer Entstehung stellt sich nicht mehr.
  • Schon im ersten Buchteil (Gegenüberstellung von Newtons Optik und Goethes Farbenlehre) wird mehrfach auf Versuche abgestellt [1:Tafeln 13, 8, 9, 17, 1, weitere bei "1.7 Ergänzende und weiterführende Betrachtung"], in denen gleich wie bei den "unordentlichen Spektren" nicht natürliches Sonnenlicht (Tageslicht, wie sowohl von Goethe als auch von Newton gebraucht) sondern technisches Kunstlicht (Bildschirmlicht) verwendet wird.

Goethes These, dass Farben aus Licht und Finsternis entstünden, wird vereinfacht mit der Aussage, dass an Stelle von Schwarz im Prismem-Bild Cyan, Magenta und Gelb erscheinen.[1: Tafel 9] Der Umkehr-Versuch, "Finsternis synthetisch durch Zusammenführung der Farben aus Goethes Komplementärspektrum her[zu]stellen", wird als "offenbar gelungen" bezeichnet [1: S.16, Vorwort von Olaf Müller], [1: Tafel 27].

Nussbaumer will durch nähere Verfolgung der Phänomene neue Blickweisen öffnen: "In diesen Zusammenhang sehe ich meine Experimente zum Phänomen der unordentlichen Spektren hinein, denn sie zeigen, dass sogenannte unzerlegbare Farben in einem entsprechenden umgewandelten experimentellen Kontext sich als zerlegbar und zerlegbare Farben sich als unzerlegbar phänomenologisch zu erkennen geben" [1: S.28].

Eine weitere zu hinterfragende Aussage ist: "Die Farben verhalten sich gänzlich anormal" [1: S.204]. Gemeint ist z.B., dass die Prismen-Bilder eines Objektes mit gelben Streifen gänzlich von der Farbe des Umfeldes abhängen. Es wird nicht (wie bei Kenntnis prismatischer Vorgänge selbstverständlich zu erwarten ist) der farbigen Gestalt des Objektes als Ganzes, sondern dezitiert der Farbe Gelb ein "diverses prismatisches Verhalten" zugesprochen [1: Tafel 27].

Anlass zu den genannten Hinterfragungen ist Nussbaumers zurückhaltende Betrachtungsweise. Er scheut jegliche Erklärung und zieht sich relativ nahe ans Phänomen zurück, um dieses nur "aus strukturphänomenologischer Sicht vorzustellen und es der Öffentlichkeit zur Diskussion zu überantworten" [1: S.32], (Anmerkung 12).
Die charakterisierende Beschreibung der Prismen-Bilder erfolgt (an Stelle von Definitionen bei Newton [1: S. 26]) mit Hilfe von 3 sogenannten "Grundbeobachtungen" [1: S. 31]:

  • das Phänomen der "Verschiebung"          (Ablenkung durch Brechung),
  • das Phänomen der "Fächerung"              (farb-abhängige Ablenkung durch Brechung),
  • das Phänomen der "Verschränkung"        (additive Mischung).
Die Grundbeobachtungen würden sich zum Teil auf Newtons Beobachtungen zurückleiten. Da Nussbaumer aber mit diesen (die von mir oben in Klammern gesetzten Begriffe) keine Erklärungstheorie verbindet, weist er mehrmals strikt auf ihren nur phänomenologischen Gebrauch hin [1: Seiten 188-200].

Ich werde mehrere Apekte (vor allem solche, zu denen Tafeln abgedruckt sind) zuletzt eingehender besprechen, wobei ich wie bereits im Abschnitt 5. diejenige Arbeitsweise anwende, die sich hinter den in den oben in Klammern gesetzten newtonschen Termini verbirgt.

Zusammenfassung: ein Nachtrag zum Vorwort von Olaf Müller

Müller bezweifelt im Vorwort, dass Newton damals Erfolg gehabt hätte, wenn ihm - hypothetisch gedacht - Nusbaumer mit seinen Kantenspektren entgegen getreten wäre [1: S.19]. Dabei hat er übersehen, dass man Newton und seine Zeitgenossen zunächst mit den inzwischen von Nussbaumer benutzten Lichtquellen hätte bekannt machen müssen. Newton hätte zufrieden festgestellt, welche hervorragenden technischen Früchte seine Vorarbeit bis zur Zeit Nussbaumers trug. Deren Grundeigenschaften hätte er schnell verstanden und auch ziemlich schnell festgestellt, dass Nussbaumer keinen Beitrag zur Entstehung der Farben liefere, macht er doch bereits die durchs Prisma betrachteten Objekte farbig. Die Erklärung für die Prismen-Bilder dieser farbigen Objekte hätte Newton leicht als Folge einer reduzierten Prismen-Funktion (Fächerung nur bei den wenigen zusammen gesetzten Farben) erklären können. Er hätte sie nicht als "bunte Brüche weg[...]werfen" müssen, um bei "seinen Zeitgenossen Erfolg" zu haben - wie Müller mutmaßt.

Müller ahnt, dass Nussbaumers "neue Spektren von der Art der Lichtquelle abhängen" und hält es für "am besten, die Ergebnisse mit Sonnenlicht zu replizieren statt mit Kunstlicht" [1: S.19]. Ich habe im Abschnitt 5. gezeigt, dass entsprechende (aufwändige) Experimente zu farbämeren "unordentlichen Spektren" (alle, die kein Magenta enthalten) führen. Es wäre prinzipiell nicht möglich (also auch nicht mit Hilfskonsrtruktionen, siehe Abb.n 6 u. 7), sie mit dem Newton- und dem Goethe-Kantenspektrum in einem gemeinsamen Farbsystem zu vereinen.

7.   Physikalisch-optische Erklärung einiger ausgewählter Darstellungen
      Nussbaumers      ↑ Anfang

Tafel VIII  (Tafel 8)

Abb.17   Tafel 8, umgeordnet, beschriftet [1: S.120 u. S.150]    Abb.18   phys.-optische Erklärungen zu Tafel 8

Verschiebung und Fächerung (Zerlegung) von Farben in schwarzem Umfeld
-- tatsächlich beides zugleich: farbabhängige Refrangibilität (Verschiebung und Fächerung)

Oben: "unzerlegbare" Farben a,b,c
-- bleiben erhalten (aus schwarzem Umfeld kommen keine Farben hinzu)
Mitte: Weiß
-- normales Newton-Objekt wird als Voll-Spektrum sichtbar (s. Abb.n 1 und 6); Prismenbilder sind Bilder der in
   weißer Mitte enthaltenen Farben
Unten "zerlegbare" Farben d,e,f
-- fächern wie erwartet in ihre RGB-Bestandteile

Blau erweist sich als die "am meisten ablenkbare Farbe"
-- ist phys.-opt. Grundtatsache

Resumè:

Die Objekt-Streifen enthalten die RGB-Farben in den Kombinationen: 1 von 3, 2 von 3 und 3 von 3. Durch die diverse Refrangibilität werden beim Gebrauch eines Prismas die Kombinationen 2 von 3 und 3 von 3 aufgelöst. Blau wird am weitesten, Rot am wenigsten weit abgelenkt.

Fächerung beinhaltet bereits Verschiebung, eine Grundbeobachtung, auf die Nussbaumer an vielen Stellen m.E. unnötigerweise hinweist. Er spricht oft auch davon, dass keine Verschiebung stattfinde. Verschiebung/Ablenkung findet aber immer statt. Was er missverständlich meint, ist, dass gelegentlich ein farbiger Objekt-Streifen nicht weiter als Rot abgelenkt wird. Beispiele mit phys.-optischer Erklärung: 1. Cyan im Umfeld Weiß (Tafel 17 d und Abb.22b), 2. Grün im Umfeld Gelb (Tafel 22 d und Abb.23a). Siehe auch Tafel 22 (Resumè) und "Ordnungsbänder" (Tafeln 24, 1, 17 u. 29).

Tafel I  (Tafel 1, Vergleich mit Tafel 8)

Abb.19   Tafel 1, umgeordnet, beschriftet [1: S.113 u. S.145]    Abb.17 (Wiederholung)   Tafel 8

Verschiebung und Verschränkung/Vereinigung von Farben in schwarzem Umfeld

Resumè:
Es handelt sich um die Umkehr (Anmerkung 13) der in Tafel 8 dargestellten Versuche: Objekt und Bild sind vertauscht.
Zur phys.-optischen Erklärung ist Abb.18 leicht abzuwandeln (Abb.19a, Beispiel = Fall "Mitte"):
Worte "Objekt" und "Bild gegeneinander vertauschen (Schritte der Erklärung folgen sich jetzt in jedem Teilbild von oben nach unten).
Ablenkung in Gegenrichtung = Pfeil umgekehren.
Ablenkungen in den Zwischenbildern einzeichnen.
Addition der Zwischenbilder = Ergebis (Bild, unten).
Bei Tafel-1-Versuchen wurde Ablenkrichtung nicht (Pfeil gleich wie in Tafel 8 nach links anstatt nach rechts), dafür aber Folge der Farben in Objekten umgekehrt.
Abb.19a (s.Abb.6)   Newton-Spektrum im Umkehrversuch
                              Verschiebung und Verschränkung/Vereinigung von Farben in schwarzem Umfeld zu Weiß

Tafel IX  (Tafel 9)

Abb.20   Tafel 9, umgeordnet, beschriftet [1: S.121 u. S.151]     Abb.21   phys.-optische Erklärungen zu Tafel 9

Verschiebung und Fächerung (Zerlegung) von Farben in weißem Umfeld
-- tatsächlich beides zugleich: farbabhängige Refrangibilität (Verschiebung und Fächerung) plus additive Mischung
   (Verschränkung/Vereinigung)

Oben: "unzerlegbare" Farben a,b,c "fächern" in je zwei CMY-Farben
-- nein! Prismen-Bild jedes Streifens ist Addition der Streifen-Farbe mit je einer anderen RGB-Farbe, die nicht im Streifen
   enthalten ist und aus Umfeld stammt (Abb.21)
Mitte: Schwarz
-- normales Goethe-Objekt wird als umgekehrtes Voll-Spektrum sichtbar (s. Abb.n 1 und 7); Prismenbilder sind Bilder
   der im weißen Umfeld enthaltenen RGB-Farben
Unten "zerlegbare" Farben d,e,f "fächern nicht"
-- fächern doch! nur addieren sich beide Fächer-Farben je mit zwei anderen aus dem weißen Umfeld wieder zu Weiß
   zerlegbare Farbe entsteht an anderer Stelle (dort wo die im Streifen nicht enthaltene Farbe hinfallen würde) erneut
   aus Summanden, die aus dem weißen Umfeld stammen.

Gelb sei die "am meisten ablenkbare Farbe"
-- tatsächlich wird die ihm fehlende Farbe Blau am meisten abgelenkt
   dort, wo die Lücke im Blau hinfällt, entsteht Gelb durch Addition von Rot und Grün

Resumè:
Die Objekt-Streifen enthalten die RGB-Farben in den Kombinationen: 0 von 3, 1 von 3 und 2 von 3. Im Umfeld sind sie 3 von 3 enthalten. Durch die diverse Refrangibilität werden die Kombinationen 2 von 3 und 3 von 3 aufgelöst. Aus den Objekt-Streifen und dem weißen Umfeld aufgelöste und divers verschobene Farben addieren sich in den Prismen-Bildern. Dass die "zerlegbaren Farben nicht", aber die "unzerlegbaren Farben fächern", ist eine leicht durchschaubare Täuschung (Abb.21).

Tafel XVII  (Tafel 17, Vergleich mit Tafel 9)

Abb.22   Tafel17, umgeordnet, beschriftet [1: S.129 u. S.158]    Abb.20 (Wiederholung)   Tafel 9

Verschiebung und Verschränkung/Vereinigung von Farben in weißem Umfeld

Resumè:
Es handelt sich um die Umkehr der in Tafel 9 dargestellten Versuche: Objekt und Bild sind vertauscht.
Zur phys.-optischen Erklärung ist Abb.21 leicht abzuwandeln (Abb.22a = Fall "Mitte", Abb.22b = Fall d).
Worte "Objekt" und "Bild gegeneinander vertauschen (Schritte der Erklärung folgen sich jetzt in jedem Teilbild von oben nach unten).
Ablenkung in Gegenrichtung = Pfeil umgekehren.
Ablenkungen in den Zwischenbildern einzeichnen.
Addition der Zwischenbilder = Ergebis (Bild, unten).
Bei Tafel-17-Versuchen wurde Ablenkrichtung nicht (Pfeil gleich wie in Tafel 9 nach links anstatt nach rechts), dafür aber Folge der Farben in Objekten umgekehrt.
Abb.22a (s.Abb.7)   Goethe-Spektrum im Umkehrversuch
                              Verschiebung und Verschränkung/Vereinigung von Farben in weißem Umfeld zu Schwarz
                              Zwischenbilder 2mal: 1. CMY-Farben in RGB-Farben geteilt; 2. Verschiebungen

Der Fall "Mitte" stellt die Nussbaumer "offenbar gelungene" ... "Zusammenführung der Farben aus Goethes Komplementärspektrum" zu "Finsternis" dar [1: S.16, Vorwort von Olaf Müller]. Die physik.-optische Erklärung dafür, dass im Prismen-Bild eine Licht-Lücke (Finsternis, Schwarz) entsteht, wenn das Objekt die Farbstreifen Cyan, Magenta und Gelb benachbart in der angegebenen Reihenfolge enthält und diese von Weiß umgeben sind, findet sich in Abb.22a.

Abb.22b zeigt den Fall d, wobei Cyan in weißem Umfeld an gleicher Stelle geblieben erscheint. Ursache ist Rot, das im Cyan nicht enthalten ist. An seiner Bild-Lücke addieren sich Blau und Grün aus dem Umfeld zu Cyan.
Abb.22b  Fall d: Cyan in weißem Umfeld
              Cyan wird vom fehlenden Rot an der Bild-Stelle des Rot "festgehalten"
              Zwischenbilder 2mal: 1. Cyan in RGB-Farben geteilt; 2. Verschiebungen

Tafel XXII  (Tafel 22)

<< Abb.23   Tafel 22, beschriftet [1: S.134 u. S.161]

Schema diverser Modi der Verschiebung

Resumè:

In alle 8 möglichen Umfelder (8 mögliche Farben inkl. Schwarz und Weiß) sind diejenigen 3 Farbstreifen eingesetzt, die scheinbar als nicht zerlegbar abgebildet werden (nur RGB-Farben sind tatsächlich nicht zerlegbar).
Zur Verschiebung:
In Objekt und Bild fluchtet jeweils einer der 3 Farbstreifen mit sich selbst. Das heißt nicht, dass keine Verschiebung/Ablenkung stattfindet, sondern ist Folge davon, dass die Prismen-Bilder soweit zurück verschoben sind, dass das abgelenkte Rot über dem unabgelenkten Rot liegt. Im Fall a ist es Rot selbst, in allen anderen Fällen ist das im Objekt-Streifen oder im Objekt-Umfeld fehlende Rot der Platzhalter. Im Streifen fehlend: Fälle b, d, e, h. Im Umfeld fehlend: Fälle (a), c, f, g. Physik.-optische Erklärungen: siehe Abb.22b (Fall b) und Abb. 23a (Fall d).
Die Fälle, in denen das Prismen-Bild auf dem Grün- bzw. auf dem Blau-Platz erscheint, sind analog zu erklären: Grün bzw. Blau fehlt entweder im Objekt-Streifen oder in seinem Umfeld.
Dass und wie stark sich die Abstände der Farbstreifen untereinander vom Objekt zum Bild vergrößern (andere Farben werden stärker abgelenkt als Rot), lässt sich in dieser Darstellung erkennen, ihr Zweck (Schema diverser Modi der Verschiebung) ist erfüllt.

Bezug auf Prismen-Bilder komplementärfarbiger Objekte ?
Die jeweiligen 3 Farbstreifen sind die gleichen wie in den 8 Prismen-Bildern komplementärfarbiger Objekte (Abb.n 1 u. 12). Einen Zusammenhang damit stellt Nussbaumer nicht her.


<< Abb.23a  Fall d (Tafel 22): Grün in gelbem Umfeld
                    Grün wird vom fehlenden Rot an der Bild-
                    Stelle des Rot "festgehalten"
                    Zwischenbilder 2mal:
                    1. Gelb in RGB-Farben geteilt;
                    2. Verschiebungen

Abb.23a zeigt den Fall d, wobei Grün in gelbem Umfeld an gleicher Stelle geblieben erscheint. Ursache ist Rot, das an der Stelle des Grün fehlt. An seiner Bild-Lücke addieren sich Grün aus dem Umfeld und die rote Lücke zu Grün.


Tafel XXIII  (Tafel 23)

<< Abb.24   Tafel 23, beschriftet [1: S.135 u. S.162]

Schema diverser Modi der Fächerung (Zerlegung)

Resumè:

Im Unterschied zur Tafel 22 sind in die 8 Umfelder diejenigen 3 Farbstreifen eingesetzt, die im Prismen-Bild zerlegt erscheinen (die RGB-Farben nur scheinbar).
Zur Fächerung:
Diese Tafel ergänzt schematisch das in Tafel 9 oben (a, b und c) als Versuchsergebnis Dargestellte (hier Tafelteil b) auf die anderen 7 Umfelder und bezieht sich - abgesehen davon, dass eine Übersicht "diverser Modi der Fächerung" (Zerlegung) gegeben wird - auf die allgemeine Aussage Nussbaumers: "Die Farben verhalten sich gänzlich anormal" [1: S.204]. Es wird nicht (wie bei Kenntnis prismatischer Vorgänge selbstverständlich zu erwarten ist) der farbigen Gestalt des Objektes als Ganzes, sondern dezitiert der Farbe des Streifens im Objekt ein "diverses prismatisches Verhalten" bzw. ein "individueller Charakter" zugesprochen [1: S.164 und S.165] (siehe auch Tafeln 27 und 29).

Tafel 23 gibt auch einen Überblick darauf, auf welchen Plätzen (Rot-, Grün- oder Blau-) die beiden Fächer-Farben erscheinen. Beides - die Fächerung und die Verschiebung - ist weniger leicht als bei Tafel 22 allgemein in Worte zu fassen. Ich begnüge mich hier damit, zwei einzelene Fälle phys.-optisch zu erklären: Abb.n 24a u. 24b.


<< Abb.24a  Schwarz in gelbem Umfeld
                    Zwischenbilder 2mal:
                    1. Gelb in RGB-Farben geteilt;
                    2. Verschiebungen

Abb.24a zeigt Schwarz in gelbem Umfeld (Tafelteil d, rechts), aus dem im Bild Grün und Rot werden. Beide Farben stammen aber aus dem gelben Umfeld. Grün wird von der Lücke im Rot am Rot-Platz "festgehalten". Rot erscheint am Grün-Platz, weil die Lücke im Grün eine Stelle weiter als das Rot abgelenkt wird.


<< Abb.24b  Gelb im Magenta-Umfeld
                    Zwischenbilder 2mal:
                    1. Gelb und Magenta geteilt;
                    2. Verschiebungen

Abb.24b zeigt Gelb im Magenta-Umfeld (Tafelteil h, links), aus dem im Bild Weiß und Rot werden. Der verschobene grüne Anteil des Streifen-Gelb addiert sich mit den beiden anderen RGB-Farben des Umfeldes (mit Rot und Blau) am Grün-Platz zu Weiß. Am Blau-Platz befinden sich die verschobene Blau-Lücke des Streifens und Rot aus dem Umfeld: Addition = Rot. Am Rot-Platz erscheint die Umfeld-Farbe Magenta, weil sich dort das Rot aus dem Streifen und das verschobene Blau aus dem Umfeld addieren.


Tafeln 22 und 23: Bezug auf Prismen-Bilder komplementärfarbiger Objekte ?

Mit den 8 technischen Farben lassen sich insgesamt 56 Kombinationen farbiger Streifen in farbigem Umfeld bilden. In diesen beiden Tafeln sind 48 Kombinationen von 56 enthalten. Die Ergänzung zu 56 Kombinationen bilden die 8 je 2 Komplementär-Farben enthaltenden Objekte.

Die Zahl der Streifen in den Prismen-Bildern ist
eins:  Tafel 22; Tafel 1: G, R, B in schwarzem Umfeld; Tafel 9: C, M Y in weißem Umfeld; Tafel 24: G, R, W in gelbem Umfeld,
zwei: Tafel 23; Tafel 1: Y, W, C, M in schwarzem Umfeld; Tafeln 9 u. 17: R, G, B in weißem Umfeld; Tafel 17,
drei:   Prismen-Bilder komplementärfarbiger Objekte.

Bei den Prismen-Bildern mit zwei Farb-Streifen ist gleich wie bei denen mit drei Farb-Streifen (siehe 5.2) ein bestimmter Beobachtungsabstand (und/oder eine bestimmte Streifenbreite im Objekt) einzuhalten (Abb.7d). Die Bilder mit einem Farbstreifen sind von Objekt-Streifenbreite/Beobachtungsabstand unabhängig.

Die Prismen-Bilder komplementärfarbiger Objekte sind die einzigen, die 3 Farbstreifen enthalten. Die Bilder von zwei mal 24 Kombinationen farbiger Streifen in farbigem Umfeld enhalten nur zwei bzw. gar nur einen Farbstreifen, sind also farbärmer als das Kantenspektrum Newtons, das Goethes und die 6 "unordentlichen Spektren" Nussbaumers, jene acht vom Betrachter aktiv zu erfassenden Kunstwerke mit "hohem ästetischen Reiz", die "unser Auge" ... und "unseren Intellekt ... erfreuen" [1: S.17].

Tafel XXIV  (Tafel 24)

<< Abb.25   Tafel 24, umgeordnet, beschriftet
                   [1: S.136 u. S.162]

Verschiebung und Verschränkung/Vereinigung von Farben in gelbem Umfeld
Versuchsumkehr:
Fächerung (Zerlegung) und Verschiebung von Farben in gelbem Umfeld

Resumè:

Der Tafelinhalt ist eine Fortsetzung dessen, was in den Tafeln 1 und 17 dargestellt ist. Das Objekt-Umfeld ist jetzt Gelb (T1: Schwarz; T17: Weiß)
Hinzugefügt ist die Umkehr der Versuche: Was vorher vereinigt wurde (2. Spalte von rechts zu Spalte ganz links), wird jetzt auch wieder vereinigt (Spalte ganz rechts zu 2. Spalte von links; Anmerkung: weil beide Male die Ablenkung nach links erfolgt, sind die beiden inneren Spalten zueinander spiegelbildlich).

Die Tafel 24 ist auch wie schon die Tafeln 1 und 17 Beispiel für "Ordnungsbänder". Nussbaumer meint damit die Zusammenstellung von Versuchen, deren Prismen-Bild nur eine Farbe enthält, und die alle gleich weit abgelenkt sind: Die 7 Prismen-Bilder (Anmerkung 14) einer Tafel bilden zusammen ein durchgehendes gerades (Ordnunungs-)Band. Nussbaumer wählte bevorzugt Versuche aus (Anmerkung 15), bei denen dieses Band bzw. die Farbe jedes Prismen-Bildes den Rot-Platz (s. Abb.n 7b u. 7c) einnehmen.

Es verdeutlicht definitiv nicht "eine scheinbare unmögliche Form prismatischer" Bilder [1: S.163], wie die physik.-optische Erklärung u.a. mit Hife der Abb.n 6a und 7a bis 7c zeigt.


Tafel XXVII  (Tafel 27)   und   Tafel IXXX  (Tafel 29)

Abb.26   Tafel 27, umgeord., beschr. [1: S.141 u. S.165]       Abb.27   Tafel 29, umgeord., beschr. [1: S.136 u. S.162]

Unterschiedliches prismatisches Verhalten von Gelb (Tafel 27) und
Gleiches prismatisches Verhalten verschiedener Farben (Tafel 29)

Resumè:

Nussbaumer setzt in Tafel 27 beispielsweise Gelb in 7 Umfelder, die von den 8 möglichen Farben verbleiben. Die 7 unterschiedlichen Prismen-Bilder deutet er als Ausdruck für 7 verschiedene Charaktere, mit denen sich Gelb zu erkennen gäbe. Oder: "Die Farben [beispielsweise Gelb] verhalten sich gänzlich anormal" [1: S.204]. Bei physik.-optischer Betrachtung ist keinerlei Anormalität zu erkennen. Dass Gelb Ausgangsfarbe, aber in 4 von 7 Prismen-Bildern gar nicht mehr enthalten ist, kann verwundern, ist aber keine physik.-optische Anormalität. Der erste (a) dieser 4 Fälle enthält die meisten Farben - drei andere Farben als Gelb - im Bild und betrifft eines der 6 "unordentlichen Spektren" Nussbaumers: Objekt mit Gelb in blauem Umfeld.

In Tafel 29 sind einige Fälle zusammen gestellt, in deren Bildern ausschließlich die Farbe des Objekt-Streifens wieder zusammen mit der Umfeld-Farbe vorkommt. Als "gleiches prismatisches Verhalten verschiedener Farben" ist gemeint, dass wieder "Ordnungsbänder" entstehen, zwei in Tafel 29. Das längere Band erstreckt sich über 4 Fälle und liegt auf dem Rot-Platz. Das auf dem Grün-Platz liegende erstreckt sich über 3 Fälle.

8.   Literatur  ↑ Anfang

[1] Ingo Nussbaumer: "Zur Farbenlehre — Entdeckung der unordentlichen Spektren, edition splitter, 2008
[2] Urs Baumann, Narciso Silvestrini, Ernst Peter Fischer: "Idee Farbe - Farbsysteme in Kunst und Wissenschaft",
     Baumann & Stromer, Zürich 1994, Katalog einer Ausstellung zu 60 Farbsystemen von der Renaissance bis zur
     Gegenwart.
[3] A. Kirschmann: "Das umgekehrte Spektrum und seine Komplementärverhältnisse",
     Physikalische Zeitschrift XVIII, 1917, S. 195-205

9.   Anmerkungen  ↑ Anfang

Anmerkung 1:   ↑ zurück
Anstatt des Betrachtungsabstands lässt sich auch die Streifenbreite varriieren: Größerer Betrachtungsabstand entspricht schmalerem Streifen.
Anmerkung 2:   ↑ zurück
Die Begriffe "unteilbar (nicht zusammen gesetzt)" und "teilbar (zusammen gesetzt)" beziehen sich auf die in Bildschirmen, so auch von Nussbaumer verwendeteten Farblichter Rot-Grün-Blau (RGB-System). Bezüglich der beim Druck verwendeten lasierenden Farben Cyan-Magenta-Gelb (CMY-System) werden die Begriffe vertauscht gebraucht.
Anmerkung 3:   ↑ zurück
Im (originären) Goethe-Spektrum ist die Reihenfolge der Farben umgekehrt als im Newton-Spektrum, weshalb das Goethe-Spektrum auch Umkehr-Spektrum genannt wird [3].
Anmerkung 4:   ↑ zurück
Eine solche Unbekümmertheit etablierten Begriffen, Werkzeugen und Denkweisen gegenüber ist leider in alternativen Arbeiten nicht selten. Nussbaumer kann sich auf diese Weise von vorn herein die Aufmerksamkeit auf seine Arbeit zur Farbenlehre Goethes, die er als Alternative zur etablierten Farbphysik Newtons unterstützen möchte, verscherzen.
Anmerkung 5:   ↑ zurück
Das Ideal von RGB-Farben je einer einzigen Wellenlänge existiert nicht. Ihre Frequenzbänder sind aber ziemlich schmal, so dass man mit einigem Recht von homogenen Farben sprechen kann.
Anmerkung 5a:   ↑ zurück
Das Breitenverhältnis 1:1:1 ändert sich bei der prismatischen Abbildung zu 1 (Rot) : 1,27 (Grün) : 1,75 (Blau). Damit bei Umkehrversuchen (mehrere Farbstreifen werden zu einem zusammen geführt), keine mehrfarbigen Ränder auftreten, geht Nussbaumer von einem Breitenverhältnis 1 (Rot) : 0,785 (Grün) : 0,57 (Blau) aus [1: S.145].
Anmerkung 6:   ↑ zurück
In Abb.5 war die über dem Prisma gezeichnete Linse ursprünglich ein Foto-Objektiv. Wäre sie die Augenlinse des Beobachters, so würde dieser das oben gezeichnete Prismen-Bild wegen der Umkehr zwischen Retina und Gehirn gespiegelt und in die Gegenrichtung abgelenkt wahrnehmen (die Umkehr-Leistung des Gehirns verhindert, dass wir die Welt auf dem Kopf stehend sehen). Das lässt sich vermeiden, wenn man das Prisma seitenverkehrt hält: brechende Kante links anstatt rechts.
Anmerkung 7:    ↑ zurück
Nussbaumer arbeitet lediglich mit den älteren Röhren-Farbmonitoren und hält die Qualität der RGB-Farben auf LCD-Monitoren für nicht optimal [1: S.181]. Ich arbeite ausschließlich mit LCD-Monitoren mit der Erfahrung, dass ihre Darstellungen für meine Erklärungen in allen Fällen ausreichend sind. In erster Näherung lassen sich die Versuche auch erfolgreich als Prismen-Blicke auf die im Buch [4] enthaltenen Abbildungen (Objekte) durchführen. Im Buchdruck wird nämlich mit lasierenden (filternden) Farbschichten gearbeitet, die sowohl die RGB-Farben (2 Filterschichten) allein als auch die CMY-Farben (1 Filterschicht) darstellen.
Anmerkung 8:    ↑ zurück
Als Farbquellen kommen bestenfalls technische Farblichter (z.B. Laser) infrage, die Versuche wären nicht wie die einfachen Prismenversuche Jedermann zugänglich. Körperfarben, die Cyan oder Gelb schmalbandig reflektieren, kommen weder in Natur noch Technik vor.
Anmerkung 9:    ↑ zurück
Dazu drei Detail-Aussagen:
a) Nur in seiner Erklärung sei Goethe unscharf, in seiner Methode sei er brillant: "Sie bedürfte erst näher einer Einbindung in wissenschaftliche Zusammenhänge, und an ihr lässt sich ein feineres Sensorium zur Unterscheidung von Beobachtung und Theorie entwickeln" [1: S. 28].
b) Goethe habe eine "eigene Kalkültheorie wissenschaftlichen Experimentierens" gehabt, "die m.E. noch ihrer Ausarbeitung harrt ..." [1: S.97].
c) "... liegt Goethes Verdienst insbesondere in seinem experimentellen Paradigma und seiner phänomenologischen Methode, die erst einer genaueren Ausarbeitung harrt" [1: S.102].
Anmerkung 10:    ↑ zurück
Offen bleibt, ob Goethe Erklärungen generell hätte unterlassen sollen. Er wäre um gewisse Erklärungen nicht herum gekommen und habe sich verleiten lassen, Newtons [richtige] Erklärungen für falsch zu erklären [1: S.28].
Nussbaumer ist für sich eindeutig und fordert für "phänomenologische Deskriptionen", dass sie sich "bedeutungsoffen präsentieren", und dass nicht auf einen "theoretisch bedeutungsfixierten" Terminus hingewiesen werde.[1: S. 206] Mit den eigentlich als Unterstützung der goetheschen Farbenlehre präsentierten "unordentlichen Spektren" ... "verbinde ich ... aber keine Erklärungstheorie und entkleide sie gewisser theoretischer Annahmen ..." [1: S.31]. Diese Haltung "zurück zu den Wurzeln" stellt für den suchenden Leser den Sinn dieses Beitrags infrage, vor allem immer dann, wenn er sich an einleuchtende und oft einfache Erklärungen, die er mit der Mehrheit teilt, erinnert.
Anmerkung 11:    ↑ zurück
Dass die "unordentlichen Spektren" u.a. auch die Grundfrage nach der Herkunft der Farben klären helfen sollen, schließe ich formal auch daraus, dass ihr Wortteil "Spektren" offensichtlich Bezug auf den gleichen Wortteil der "Kantenspektren", nimmt. Außerdem schließt Nussbaumer das Goethe- und das Newton-Kantenspektrum in seine 8-teilige Gruppe von Prismen-Bildern ein. Wörtlich belässt es Nusbaumer bei:
a) Sie sind in den "... Kontext der Auseinandersetzung hineinzulesen ..." [1: S.23].
b) Es ist "... in das Phänomen der unordentlichen Spektren einzuführen, aus strukturphänomenologischer Sicht vorzustellen und ...".[1: S.32]
Anmerkung 12:    ↑ zurück
Da ich mich selbst seit etwa 20 Jahren mit dem Thema Kantenspektrum beschäftige, zähle ich mich zur Öffentlichkeit, die zur Diskussion aufgerufen ist. Meine Anmerkungen sind fast ausschließlich Hinterfragungen, mit denen ich mich möglicherweise als typischen, bestenfalls weniger oberflächlichen Skeptiker der Behandlung der Kantenspektren durch Goethe zu erkennen gebe. Ich kann leider aus dem vorliegenden umfangreichen Buch keinen prinzipiellen Gewinn ziehen. Eine das Verständnis unterstützende Rezension des inzwischen 7 Jahre alten Buches ist mir unbekannt. Lange Rede - kurzer Sinn >>> eine simple, aber drastische Analogie zu meinem Umgang mit den vorliegenden Phänomenen: Wer die deutsche Sprache in Wort und Schrift, Grammatik u.a. Eigenschaften einigermaßen kennt und als nützliches Hilfsmittel erfahren hat, wird nicht mehr wie ein Kleinkind einen Text auf ein aus in Zeilen angeordneten Zeichen bestehendes Phänomen reduzieren und bestaunen.
Anmerkung 13:    ↑ zurück
Umkehrversuche werden in der Regel zur Bestätigung einer bereits gewonnenen Erkenntnis angestellt. Sie lassen sich schlecht als Vermannigfaltigung zum Hervorbringen eines weiteren Phänomens verstehen.
Anmerkung 14:    ↑ zurück
Zur Verfügung stehen 8 Farben (Schwarz u. Weiß inklusive). Eine davon ist die Farbe des Umfeldes, das jede der 7 anderen Farben umfassen kann.
Anmerkung 15:    ↑ zurück
Nussbaumer äußert sich nicht dazu, ob die Wahl seiner Versuche (Vermannigfaltigung) einem Plan folgt, oder ob er aus vielen zufälligen Versuchen diejenigen als brauchbar aussondert, deren Ergebnis in ein Schema wie z.B. in das "Ordnungsband" hineinpasst.

LogoSW Siegfried Wetzel, CH 3400 Burgdorf, Mai 2015 (Aug.15)

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