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<< Home Die Zeitgleichung für den Mars, elementar behandeltVorbemerkungDie für die Erde benutzte Zeitgleichung habe ich in meinem früheren Artikel "Die Zeitgleichung, elementar behandelt" dargestellt. Im hier folgenden Artikel habe ich die Zeitgleichung für den Planeten Mars auf gleiche Weise hergeleitet. Die beiden ersten Abschnitte sind in beiden Artikeln weitgehend identisch (brauchen nur einmal gelesen zu werden), und die übrige Textteile unterscheiden sich nicht im Grundsätzlichen. Jetzt wird von den quantitativen Vorgaben, die den Mars betreffen, ausgegangen und mit diesen gerechnet, während es sich früher um die zwischen Erde und Sonne bestehenden Zusammenhänge handelte.Inhalt1. Einleitung2. Zeitgleichungs-Ursachen 3. Schwankung der Tageslänge des Mars 3.1 Vorgegebenes 3.2 Ellipse (Ursache 1) 3.3 Ekliptik (Ursache 2) 4. Vor- und Nachgehen der wahren Sonnenzeit auf dem Mars 4.1 Ellipse (Ursache 1) 4.2 Ekliptik (Ursache 2) 4.3 Zeitgleichung 4.4 Das Analemma (inkl. Vergleich mit dem der Erde) 5. Vergleiche mit der Zeitgleichung auf der Erde 5.1 ZG1 (Ursache 1) 5.2 ZG2 (Ursache 2) 6. Literatur 7. Anmerkungen 1. EinleitungDer berühmte amerikanische Physiker Feynman hielt eine ungewöhnliche Vorlesung für Studienanfänger mit dem auch für die Zeitgleichung bedeutsamen Titel "Die Bewegung der Planeten um die Sonne " [1]. Ungewöhnlich daran war, dass er den darin enthaltenen Ellipsen-Beweis elementar führte. Mit elementar meinte er, dass zum Verständnis wenig Vorwissen, allerdings viel Intelligenz nötig sei. Er leitete den Satz mit vorwiegend geometrischen Überlegungen her, denn Eleganz und Schönheit geometrischer Beweise spreche viele Menschen an. Nachteil sei, dass man anders als bei Verwendung höherer Mathematik mit Geduld viele Schritte machen müsse. Feynman ist Vorbild für die folgende Behandlung der Zeitgleichung. Der von ihm verwendete Begriff elementar wird ab jetzt kursiv geschrieben. 2. Zeitgleichungs-UrsachenDie wahre Sonnenzeit verläuft auf jedem Planet ungleichförmig. Die dafür geltenden grundsätzlichen Ursachen sind für alle Planeten dieselben. Sie sind für die Erde allgemein bekannt und zur Ermittlung der lediglich quantitativ anderen Verhältnisse z.B. auf dem Mars nutzbar. Mit dem erneut benutztem Begriff elementar soll darauf hingewiesen werden, dass auch die sehr langsamen Veränderungen am Sonnenhimmel des Mars, wie Form und Lage seiner Bahnellipse, seine Jahr-Länge, die Neigung seiner Drehachse u.ä. nicht beachtet werden. Die bekannten Ursachen für das "Falsch-Gehen" der irdischen Sonnenzeit werden auf die astronomischen Verhältnisse auf dem Mars übertragen Der Mars muss sich auch pro Sonnentag mehr als einmal um sich selbst drehen. Nach einer 360°-Drehhung ist erst ein Sterntag vollendet. Die (von der Sonne überstrahlten) Sterne stehen wieder am selben Ort (Süden, Meridian), die Sonne ist aber wegen der kurzen Bahnfahrt des Mars noch nicht dort angekommen. Deshalb muss er sich zur Vollendung des Sonnentages noch ein Stück weiter drehen (Abb.1). Zwei Ursachen bewirken, dass das täglich unterschiedlich lange dauert.
<< Abb.1 Eigendrehung und Bahnfahrt des Mars Ursache 1: Ellipse bzw. variabler Bahnwinkel Ursache 2: Ekliptik bzw.variables Verhältnis zwischen Bahnwinkel und zusätzlichem Drehwinkel
3. Schwankung der Tageslänge des MarsSchwankungen sind relative Angaben zu einer mittleren Grösse. Kleine (<<1) periodische Schwankungen lassen sich in guter Näherung (Näherung #1) mit einer Kreisfunktion (Sinus-, Cosinus-) beschreiben, für die dann nur Amplitude, Periodendauer und Nullpunkt zu bestimmen sind. Die Wirkungen der beiden Ursachen wären eigentlich miteinander zu multiplizieren. Weil aber beide Schwankungen klein sind, erscheinen sie im Ergebnis in Näherung als Summe (#2, Anmerkung 1). Deshalb ist es möglich, beide Ursachen getrennt zu behandeln und erst am Schluss die Summe aus ihren Wirkungen zu bilden. 3.1 Vorgegebenes
Das zweite Keppler'sche Gesetz lautet: Die Verbindungslinie eines Planeten mit der Sonne überstreicht in gleichen Zeitabschnitten gleich grosse Flächen (Abb.3). Der im Folgenden zu betrachtende Zeitabschnitt ist der Sol genannte Mars-Tag. Die Flächen F für diesen Zeitraum sind wesentlich kleiner (spitzer) als abgebildet.
Die Schwankung Δl = ± 0,0934 der relativen Entfernung l des Mars von der Sonne ist identisch mit der numerischen Exzentrizität e seiner Bahnellipse. Als geometrische Vorgabe für die Besprechung der Zeitgleichung des Mars ist dieser Bahn-Wert vollständig ausreichend.
Der Winkel zwischen der Ekliptik- und der Äquatorebene des Mars beträgt ε = 25,19° 3.2 Ellipse (Ursache 1)
Der etwas genauere Wert für die Länge des Mars-Jahres ist: 669,6 Sol. Der Bahnwinkel während eines Sol beträgt demzufolge nur etwa 0,54° (pro Mars-Jahr eine ganze Bahnrunde =360°). Sein Mittelwert ist: Die überstrichene Fläche F (Abb.3) ist ein sehr spitzes Kreissegment. Es kann in Näherung (#3) als rechtwinkliges Dreieck mit w·L als kurzer Kathete aufgefasst werden. Die Fläche ist:
w auf w0 bezogen und mit Hilfe der relativen Schwankungsbreite Δl des täglichen Bahnwinkels formuliert: Weil Δl<<1 ist, sind zwei weitere Näherungs-Schreibweisen möglich (Anmerkung 2):
Neue Ausdrucksweise:
Damit ist die gesuchte relative Schwankungsbreite Δt1 der Zeit T1 (Index 1 für Ursache 1) für den täglichen Zusatz-Dreh des Mars gefunden, denn diese hat dengleichen Wert wie die relative Schwankungsbreite des täglichen Bahn-Winkels.
Std., Min. und Sec. sind die Formelzeichen für Zeiteinheiten auf dem Mars, die um den Faktor 1,026 länger als die Der Sol ist in Perihelnähe (P) ca. 24 Sec. länger als im Mittel und in Nähe des Aphel (A) ca. 24 Sec. kürzer. Seine ganzjährige Schwankung aus Ursache 1 lässt sich mit folgender Cosinus-Funktion beschreiben (#1, Anmerkung 3): d ist die Zeit von Winter- bis Winter-Sonnenwende (WWS, auf der Nordhälfte des Mars) über etwa 670 Sol. 3.3 Ekliptik (Ursache 2)Bei Ursache 1 bleibt die Neigung der Mars-Achse um den Winkel ε unberücksichtigt. Jetzt wird die Abbildung von täglich gleichen Bahn-Differenzen in der Ekliptik-Ebene als Winkeldifferenzen in der Äquator-Ebene untersucht. Dem (mittleren, #2) Bahnwinkel w0 entspricht auf der Marsoberfläche ein täglich gleich großes Bogenstück. Da die Sonnenzeit mit der Eigendrehung des Mars vergeht, ist aber das diesem Bogenstück entsprechende Stück auf dem Äquator zu beachten. Die täglich andere Beziehung zwischen beiden Stücken ist zu finden. Größtwert, Sonnenwenden (Abb.2, links): Kleinstwert, Tag/Nacht-Gleichen (Abb.2, rechts): Mit sphärischer Trigonometrie lassen sich die Werte exakt bestimmen (Anmerkung 4), man findet aber bei der gewählten Auflösung noch keinen Unterschied. Die Verarbeitung der beiden Werte führt zu: Die Eigendrehung des Mars erfolgt mit konstanter Geschwindigkeit. Die Zeit T2 (Index 2 für Ursache 2) für seinen täglichen Zusatz-Dreh schwankt wie der Drehwinkel ω: Der Sol ist an den Sonnenwenden ca. 7 Sec. länger als im Mittel, an den Tag/Nacht-Gleichen ca. 7 Sec. kürzer. Seine halbjährige Schwankung aus Ursache 2 lässt sich mit folgender Cosinus-Funktion beschreiben (#1): d ist die Zeit von Winter- bis Winter-Sonnenwende (WWS, auf der Nordhälfte des Mars) über etwa 670 Sol. Die Kurve hat einen ihrer vier Extremwerte bei der WSW.
<< Abb.4 Schwankungen der Sol-Länge in Sec.
Abb.4 zeigt die Schwankungen der Sol-Länge 4. Vor- und Nachgehen der wahren Sonnenzeit auf dem Mars4.1 Ellipse (Ursache 1)In Abb.5 sind die Sol-Verkürzungen aus Ursache 1 zwischen 168. und 502. Sol des Mars-Jahres (in der mittleren Hälfte des Jahres) etwa jeden 9. Tag mit einem Balken gekennzeichnet. Denkt man sich in die Lücken die übrigen Sol-Balken gezeichnet, so ist zwischen der Kurve der Gleichung (1) und der Null-Linie eine gefüllte Fläche entstanden. Sie enthält die Summe aller Verkürzungen in diesem Zeitraum, die der Sonnenuhr von grösstem Nachgehen (-42,74Min.) zu grösstem Vorgehen (+42,74Min.) verhilft. Letzteres zeigt die in Abb.5 auch enthaltene Kurve ZG1 die wegen (#1) eine Sinus-Linie ist. Weil die Steigung hier (Perioden-Mitte) positiv ist, handelt es sich um den negativen Sinus.
<< Abb.5 Sonnenuhr-"Vorgehen" an zu kurzen Sols
<< Abb.6 geometrische Näherung einer Cosinus-Fläche Der Mittelwert aus der K- und der G-Fläche kann als die gesuchte Fläche angenommen werden: FM = (FK+FG)/2 = 2,02. Weiter wird mit dem runden Wert 2 gerechnet, der sich auch anbietet bei Näherung der gesuchten Fläche durch das Rechteck 2 mal 1. Die beiden Eck-Flächen Ä und Å scheinen gleich gross zu sein (Anmerkung 6). Das schmale Ersatz-Rechteck hat folglich die "Amplitude" 2/π. In der Fläche von Abb.5 ist die Amplitude nicht 1 sondern 24,07Sec., die beim Rechteck zu 15,32Sec. (24,07Sec.·(2/π)) wird. Die Fläche stellt also 15,32Sec.·334,8 = 5129Sec.. = 2·42,74Min. dar, wie oben angegeben. Die Amplitude (42,74Min.) und die Phasenlage (negativer Sinus) des elliptischen Teils der Zeitgleichung sind somit gefunden. Die Teilgleichung lautet: d ist die Zeit von 0 bis 670 Sol. 4.2 Ekliptik (Ursache 2)Zum Vor -und Nachgehen der Sonnenuhr infolge Ursache 2 kommt man mit Überlegungen, die analog zu obigen sind. Die Cosinus-Kurve (2) mit Amplitude 6,94Sec. und der Periode von 334.8 Sol führt zur negativen Sinus-Kurve, der zweiten Teilgleichung: d ist die Zeit von 0 bis 670 Sol. 4.3 ZeitgleichungDie Addition der beiden Teilgleichungen (1a) und (2a) ist die gesuchte Zeitgleichung. Sie lautet: d ist die Zeit von 0 bis 670 Sol.
Abb.7 zeigt die Zeitgleichungs-Kurve ZG und deren beide Teilkurven ZG1 und ZG2. 4.4 Das Analemma (inkl. Vergleich mit dem der Erde)
In der Abb.8 ist in der Mitte die im Vorherigen ermittelte Zeitgleichung als Analemma dargestellt. Zum Vergleich ist links ein von der NASA veröffentliches Bild, in dem lediglich das Analemma geringfügig breiter ist, beigefügt. Den Vergleich des Mars-Analemma mit dem der Erde ermöglicht das rechts befindliche Erde-Analemma:
5. Vergleiche mit der Zeitgleichung auf der ErdeDie zum Vergleich verwendeten Zahlen-Werte für die Erde sind dem Artikel "Die Zeitgleichung, elementar behandelt" entnommen (das Gleiche gilt auch für den Abschnitt 4.4 vorher). 5.1 ZG1 (Ursache 1)
In die ZG1 gehen nur die Exzentrizität e der Planeten-Bahnen und für eine Zwischen-Gleichung die Zahl der Eigendrehungen der Planeten pro Jahr ein. 5.2 ZG1 (Ursache 2)
In die ZG2 gehen nur die Zahl der Eigendrehungen der Planeten pro Jahr und der Winkel ε für die Schrägstellung der Planeten-Achse auf der Ebene seiner Umlaufbahn ein. 6. Literatur[1] R.P.Feynman: Die Bewegung der Planeten um die Sonne 7. AnmerkungenAnmerkung 1: Sind die Schwankungen beide Male <<1, was erwartet werden darf, so erscheinen sie im Ergebnis in Näherung als Summe. Man multipliziere z.B. Anmerkung 2: Von der exakten binomischen Reihe ist nur der letzte Summand ±Δl2 weggelassen (#4). Anmerkung 3: Vernachlässigt wird dabei, dass Sommer- und Winter-Halbjahr wegen der elliptischen Bahn nicht genau gleich lang sind. Anmerkung 4: Das exakte, etwas weniger elementare Vorgehen beachtet, dass es sich um sphärische Dreiecke handelt. Wenn man diese halbiert (Abb.2), entstehen rechtwinklige sphärische Dreiecke mit relativ kurzen Ausdrücken: Anmerkung 5: Hier zeigt sich überdeutlich, auf welchen mühsamen Umweg sich Feynman eingelassen hat, elementar vorzugehen und Eleganz und Schönheit geometrischer Beweise höherer Mathematik vorzuziehen. Anmerkung 6: Die von einer reinen Sinus- oder Cosinus-Halbwelle begrenzte Fläche ist tatsächlich genau 2, wie folgendes bestimmte Integral in den Grenzen von π/2 bis 3π/2 zeigt:
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