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Azimutale und Höhen-Sonnenuhren

Was ist ihr Zweck?

Eine azimutale Sonnenuhr braucht einen vertikalen Stab als Schattenwerfer. Sein Schatten gibt unmittelbar den Azimut-Winkel a der Sonne an (abgesehen davon, dass er in die Gegenrichtung fällt). Bei einer Höhensonnenuhr hat ein vertikaler Stab einen anschaulichen Vorteil, denn die Länge seines Schattens ist in der Umgangssprache ein gängiger Ausdruck für die Höhe der Sonne (kurzer/langer Schatten für hohen/tiefen Sonnenstand). Höhensonnenuhren sind aber meistens transportable Sonnenuhren mit oft vertikalem Zifferblatt. Durch Aufhängen an einem Faden kann es auf einfache Weise senkrecht ausgerichtet werden (leichter und sicherer als horizontal). Ist der Schattenwerfer ein Stab, so steht er senkrecht auf dem Zifferblatt und ist horizontal ausgerichtet (hierbei ist der Schatten bei hohem/tiefen Sonnenstand lang/kurz).

Im Allgemeinen lässt sich die Frage stellen, warum mit Hilfe eines vertikalen Stabes nicht gleich auch noch der Höhenwinkel h der Sonne gemessen und der Stundenwinkel τ der Sonne (die Tageszeit) als Funktion von a und h angezeigt wird. Statt dessen musss der Deklinationswinkel δ der Sonne bekannt sein, um aus a oder h auf τ schliessen zu können. Die Frage ist überhaupt nicht abwegig, denn bei jeder Sonnenuhr mit punktförmigen Schattenwerfer (Nodus) wird so vorgegangen. Der schattenwerfende Stab ist auf einen punktförmigen Körper reduziert. Er kann zwar noch vorhanden sein, aber als Schattenwerfer wird nur seine Spitze verwendet, und er heisst dann Gnomon. Angezeigt wird der Stundenwinkel τ und als Zugabe gelegentlich auch die Deklination δ (auf Datums-Linien). Die Skalierung zum Ablesen von a und/oder h ist möglich. Nur ist ein entsprechendes atronomisches Instrument keine Sonnenuhr mehr.

Die Frage lautet jetzt: Warum gibt es überhaupt Sonnenuhren, die derart eingeschränkt funktionieren?

Die Reduktion auf die Messung der Höhe h bei tragbaren Sonnenuhren ist erzwungen (Ausnahme: tragbare Ringsonnenuhr), denn das Azimut a lässt sich mangels eines Bezugspunktes nicht messen. Die Himmelsrichtungen (Windrose) sind nicht bekannt, im Gegensatz zu fest platzierten Sonnenuhren, die man ein für alle Male "einnordet". Höhensonnenuhren werden unabhängig von der Kenntnis des Azimuts aber immer um eine vertikale Achse gedreht. Man stellt sie in Richtung zur Sonne oder peilt mit einer Absehe die Sonne direkt an.

Auf azimutale Sonnenuhren kann verzichtet werden, sie waren auch selten. Heute sind sie eine geheimnisvolle Modeerscheinung. Die analemmatischen Bodensonnenuhr blieb lange unbeachtet. Zur Zeit bevölkert sie Parks, Schulhöfe o.ä. und wirkt wegen der eigenen Rolle als Schattenwerfer mehr belustigend als belehrend. Die Sonnenuhren-Spinne ist z.Zt. noch selten, was sich aber wegen der "irren" Form der Stundenlinien auch ändern könnte.

Anhang: Koordinaten-Umrechnungen

Stunden und Deklinations-Winkel:
τ und δ sind die Koordinaten des Sonnenorts am Himmel im (ruhenden) äquatorialen Koordinatensystem. Der Stundenwinkel ist für Menschen, Tiere und Pflanzen seit eh und je das Mass für die Unterteilung des Tages. Mit Hilfe einer Sonnenuhr lässt er sich direkt messen. Am vollkommendsten gelingt das mit einer Sonnenuhr mit Polstab als Schattenwerfer. Dabei wird auf die Anzeige der Deklination zu Gunsten eines linienförmigen Zeigerschattens, der deutlicher als ein punktförmiger Zeigerschatten erkennbar ist, verzichtet.

Azimut- und Höhen-Winkel:
a und h sind die Koordinaten des Sonnenorts am Himmel im horizontalen Koordinatensystem. Mit ihnen lässt sich der Ort der Sonne am Himmel auch angeben. Die für die Tageszeit nötige Stundenwinkel τ ist in diesen Angaben enthalten. Auf dem Zifferblatt einer Sonnenuhr lässt sich eine entsprechende Skala anbringen (der Umweg über a und h ist im Grunde nicht nötig). Die Gleichungen zum Umrechnen lauten:
sin δ = sin φ · sin h - cos φ · cos h · cos a ,
tan τ = sin a / (sin φ · cos a + cos φ · tan h) .
Weil ein horizontales Korrdinatensystem lokal und nicht global wie das äquatoriale Koordinatensystem ist, enthalten die Gleichungen den geografischen Breitenwinkel φ.

Azimutale Sonnenuhr:
Gemessen wird nur das Azimut a. Zur Berechnung des Stundenwinkels τ beziehungsweise zu seinem Ablesen auf der Sonnenuhr wird δ (und φ) benötigt. Die nach τ aufzulösende Gleichung lautet:
tan a = sin τ / (sinφ·cosτ - cosφ·tanδ) .

Höhen-Sonnenuhr:
Gemessen wird nur die Höhe h. Zur Berechnung des Stundenwinkels τ beziehungsweise zu seinem Ablesen auf der Sonnenuhr wird δ (und φ) benötigt. Die Gleichung lautet:
cos τ = (sin h - sinδ·sinφ) / (cosδ·cosφ)

LogoSW Siegfried Wetzel, CH 3400 Burgdorf, Januar 2012

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