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Der Fletcher-Tisch
Vorbemerkung
Der Fletcher-Tisch ist ein großer runder und i.d. R. sehr teurer und großer Ausziehtisch, den ich mir nicht
anschaffen und nicht bauen wollte. Auch eine verkleinerte Ausführung ist für normal große Wohnzimmer zu groß.
Der Platz in diesen meistens rechtwinkligen Zimmern wird zudem von Rechteck-Tischen besser als von runden
ausgenutzt.Tische wie der Fletscher-Tisch sind für Säle in Schlössern und anderen großen Gebäuden vorgesehen und dienen der Repräsentation. Für Letzteres wird er z.B. gerne in Empfangsräumen von Yachten aufgestellt.
Inhalt1. Das Vorbild: Der ausziebare runde Esstisch von Robert Jupe2. Eine Verbesserung am Jupe-Tisch 3. Der moderne Fletcher-Tisch 3.1 Verkürzte Zwischenteile 3.2 Metall anstatt Holz 3.3 Geometrische Details 3.4 Das Maximum der Ausziebarkeit 3.5 Die Mechanismen für das Heben und Senken von Tischplatten-Teilen (Fletcher-Tisch) 4. Anmerkungen
1. Das Vorbild: Der ausziebare runde Esstisch von Robert Jupe ↑ InhaltDavid Boardman Fletcher entwarf seinen Tisch (Fletcher-Table) am Ende der 1990er-Jahren und orientierte sich dabei an einem ausziebaren runden Tisch von Robert Jupe (Patent 1835). Er machte die Zwischenteile ebenfalls und mit dengleichen von Jupe benutzten Mechanismen ausziebar. Alle Tischplatten-Teile werden gleichzeitig durch ihr Drehen von Hand um die vertikale Mittelachse ausgezogen bzw. zusammen geschoben. Am Tisch von Jupe werden nur die kreissegmentförmige Teile der Tischplatte ausgezogen. In die dadurch entstehenden parallelen Lücken werden lange, d.h. bis zum durch das Ausziehen vergrößerten Tischrand reichende, relativ schmale Platten einzeln eingelegt (Abb.2). In einer möglichen Variante sind diese alle gleich und treffen sich mit ihrer pfeilförmigen Spitze im Tischmittelpunkt.
Jupe ließ sich nicht nur die Unterteilungen von Tischplatten unterschiedlicher Randkontur (rund, oval und eckig), sondern auch den Mechanismus (Abb.3), zum Auseinanderziehen/Zusammenschieben der größeren Plattenteile patentieren. Für jedes Teil ist ein solcher Mechanismus vorhanden. Alle werden gleichzeitig bewegt.
Abb.3 Prinzip des Mechanismus im Jupe-Tisch:
Abb.4 Jupe-Tisch (Nachbau), Blick von unten, Beim Mechanismus handelt es sich um mehrere gleiche Kurbelschleifen (siehe Getriebe der Schubkurbelkette, Anmerkung 1). Jeder Schubstein trägt ein Ausziehteil. Die Koppelstangen drehen sich am Rand des gemeinsamen mittleren Säulenfußes des Tisches, während alle Schubsteinbahnen miteinander verbunden sind und um den Säulen- bzw. Tisch-Mittelpunkt drehen bzw. vom Benutzer als Ganzes hin- und hergedreht werden. Dieses Ganze ist ein Rad, dessen Speichen als Schubsteinbahnen ausgeführt sind (Abb.6). Die Verbindungen zwischen der Säulenmitte und den Anlenkpunkten der Koppelstangen bilden hier das jeweils unbewegliche Teil des Mechanismus, während sie beim Basis-Getriebe Schubkurbel die drehbaren Kurbeln sind.
Das drehbare, die Tischplatte tragende obere Speichenrad wird auch außen auf einem entsprechenden Ring des Tragrades (Abb.5) gleitend gelagert. 2. Eine Verbesserung am Jupe-Tisch ↑ InhaltsverzeichnisNützliche Produkte werden immer gerne nachgebaut und dabei oft auch verbessert. Ein Nachteil des Jupe-Tisches zeigt sich bei der Aufbewahrung der relativ langen Zwischenteile der Tischplatte. Sie sind prinzipiell zu lang (mit Spitze gleich lang wie halber Durchmesser des ausgezogenen Tisches), um (zentrisch) unter dem verkleinerten Tisch Platz zu finden.
Abb.7 Jupe-Tisch: Aufbewahrung der Zwischenteile
in einem beinahe "manns-hohen" Schrank; Bild: JupesPeriodIdeas Tim McClellan versenkt -wie andere spätere Tisch-Entwerfer auch - die je einmal quer gefalteten Zwischenteile unter Tischplatten-Niveau. Dort befinden sie sich in einem extra mit einem Boden versehenen je eigenen Fach (Abb.8). Damit ein aufgeklapptes Zwischenteil die gestreckte horizontale Form annimmt und nicht durchhängt (der gemeinsame Schwerpunkt beider Halbteile befindet sich innerhalb des Drehringrandes und ist nicht unterstützt), ist am inneren Halbteil unterhalb der Faltachse ein zu ihr paralleler Stift angebracht, der beidseits in einer Nut in den Fach-Wänden nach oben geführt wird (Abb.9). Abb.9 verbesserter Jupe-Tisch: ein gefaltetes und versenktes Zwischenteil der Tischplatte (Tischmitte: links im Bild) Es gibt erstaunlich viele Varianten mit faltbaren Zwischenteilen, aber ohne den typischen Jupe-Mechanismus (z.B. auch Tim McClellan). Bei anderen Varianten (mit Jupe-Mechanismus) fand ich auch eine Ausführung, bei der die Zwischenteile der Tischplatte noch händisch gefaltet, ihr Versenken und Anheben aber zusammen mit dem Verschieben der Kreissegment-Plattenteile durch Drehen des Oberbaus vorgenommen werden (siehe hier). 3. Der moderne Fletcher-Tisch ↑ InhaltsverzeichnisDer Engländer David Boardman Fletcher stellte sich die Aufgabe, den Jupe-Tisch ausschließlich durch Drehen der Tischplatte auszuziehen und wieder einzuschieben. Das zuletzt genannte Tischbeispiel genügt diesem Anspruch noch nicht, weil die Zwischenteile (alle einzeln) noch händisch ge- und entfaltet werden müssen. Nachdem Fletcher sein Ziel erreicht hatte, lag es nahe, auch die Tischplatte nicht mehr händisch zu drehen, sondern einen motorischen Antrieb zu verwenden. In einigen Nachbauten des Fletcher-Tisches wird das inzwischen auch so gemacht. 3.1 Verkürzte Zwischenteile ↑ InhaltsverzeichnisDas Falten der von Jupe geformten Zwischenteile ist eine durch den Raum führende Bewegung, die sich schlecht dafür eignet, vom einfachen Hin- und Herdrehen der Tischplatte abgeleitet zu werden.Fletcher unterteilte die Tischplatte neu, wobei er die Zwischenteile verkürzte (ihre radiale Ausdehnung wurde auf die der Kreissegmente verkleinert) und dafür ein sternförmiges Zusatzteil in der Mitte (Stern) einführte (Abb.10).
Abb.10 Fletscher-Tisch: Unterteilung der Tischplatte in In beiden Bildern (Abb. 10 u. Abb.11) ist die Vergrößerung des Tischdurchmessers mit einem theoretischen Wert von 1,52-fach dargestellt. Die praktisch mögliche Vergrößerung ist kleiner (s. Abschnitt 3.4 Das Maximum der Ausziebarkeit). 3.2 Metall anstatt Holz ↑ InhaltsverzeichnisFletcher übernahm von Jupe den Kurbelschleifen-Mechanismus (Abb.3) auch für das radiale Verschieben der Zwischenteile. Bei gleicher Teilung in sechs Kreissegmente (Jupe fertigte auch Tische mit 8er-Teilung) verdoppelte sich die Zahl der Mechanismen von sechs auf zwölf. Wegen der größeren Zahl gegeneinander zu bewegender Teile und auszuführender Bewegungen setzte er vermehrt typische Maschinenelemente ein, beispielsweise Schiebeelemente, die der Bewegung deutlich weniger Widerstand als auf Holz gleitendes Holz entgegen setzen. Der Fletcher-Tisch besteht größtenteils gar nicht mehr aus Holz, sondern aus Metall, so dass er nicht mehr wie der Jupe-Tisch ein klassisches Produkt eines Tischlers ist. Aus Metall (vorwiegend Aluminium) sind alle tragenden Teile gefertigt. Selbst die Tischplatten-Teile können metallene Sandwichplatten mit Wabenkern sein (und mit Folien beklebt Holzplatten imitieren).
Abb.12 Fletcher-Tisch: Blick unter die Tischplatte; Kurbelschleifen-Mechanismen in Strecklage; Zwischenteile
Es gibt sowohl Tischler, die den Fletcher-Tisch unter Verwendung von möglichst viel Holz nachgebaut haben (Abb.13), als auch Metallbauer, die bei der bevorzugten Verwendung von Metall geblieben sind. Bekannt wurde auch ein Entwurf, bei dem die Tischplatten-Teile aus Glas sind (Abb.14).
3.3 Geometrische Details ↑ Inhaltsverzeichnis
Außenkontur:
Abb.17 Fletcher-Tisch mit zusätzlichem Außenring Im aufwändigen originalen Fletcher-Tisch ist auch diese kleine Makel behoben. Im zusammengeschobenen Zustand wird der Tisch mit einem zusätzlichen, aus sichelförmigen Segmenten bestehendem Ring umschlossen, dessen Innenkontur eine Folge von "Spitzbögen ist (Abb.17). Er wird in einem separaten Betätigungsschritt mit einem zusätzlichen Mechanismus vor dem Ausziehen abgesenkt und nach dem Zusammenschieben wieder angehoben (siehe dieses Video).
Verbindung der Tischplattenteile untereinander:
Abb.18 Fletcher-Tisch: Nut in den Spitzen der äußeren Über diese Verbindungen werden aber auch vertikale Kräfte übertragen. Bei der Teilung nach dem Fletcher-Schema befindet sich der Schwerpunkt der ausgezogenen Teile außerhalb des Unterbau-Randes, und die äußeren Betriebslasten auf beide Teilegruppen müssen ohnehin über das zentrale Sternteil abgetragen werden (umgekehrte Kraftrichtung). Diese Aufgabe übernimmt im wesentlichen die Nut-Feder-Verbindung zwischen jeder Spitze der äußeren Teile und der entsprechenden Kerbe im Sternteil (entsprechend sorgfältige Ausführung, Abb.18). 3.4 Das Maximum der Ausziebarkeit ↑ Inhaltsverzeichnis
Wie weit die Kreissegmente und pfeilförmigen Zwischenteile nach außen ziehbar sind, ist zunächst eine rein
Praktisch mögliche und an gebauten Tischen vorhandene Auszugfaktoren
Wegen des fehlenden zentralen Sterns sind die Einschränkungen für den Auszugfaktor geringer als beim Fletcher- Tisch, und seine Auslegung ist übersichtlicher als bei diesem Tisch. Ich treffe folgende Annahmen: Der Pfosten reicht 3% über seine Mitte nach außen und befindet sich im ausgefahrenen Zustand bei 0,96 (außen 1% innerhalb des Unterbau-Randes). Die "Kurbel"-Länge sei 0,33, woraus sich die Koppellänge zu 0,63 ergibt (0,96 - 0,33, gestreckte Totlage). Durch Drehen des Tisches um 120° wird der Schubstein mit Pfosten in seine innere Lage bei etwa 0,4 (0,96 - 0,56) gebracht.Der Auszugfaktor ist etwa 1,56 (1 + 0,56) (Abb.19 Mitte). Dem füge ich noch eine zweite Variante mit verbessertem Längenverhältnis im Schubschleifen-Mechanismus hinzu: Die Kurbel-Länge sei 0,3, woraus sich die Koppellänge zu 0,66 ergibt (0,96 - 0,3, gestreckte Totlage) Durch Drehen des Tisches um 120° wird der Schubstein mit Pfosten in seine innere Lage bei etwa 0,46 (0,96 - 0,5) gebracht. Der Auszugfaktor ist etwa 1,5 (1 + 0,5) (Abb.19 rechts). Diesem zweiten Wert AZF = 1,5 kommt meine Messung am Jupe-Tisch in diesem Video sehr nahe: Messung: AZF ≈ 1,49. In einem anderen Video habe ich AZF ≈ 1,43 gemessen. Für diesen alten Jupe-Tisch wird AZF = 1,4 angegeben.
Beim Fletcher-Tisch sind es nicht Funktions-Bedingungen für den Schubschleifen-Mechanismus, sondern die geringen Platzverhältnisse zwischen den Kerben des zentralen Sterns und dem Unterbau-Rand, die den Auszugfaktor in Grenzen halten. Der Stern muss so weit verkleinert werden, bis die Pfosten auch im ausgefahrenen Zustand die Platzverhältnisse nicht sprengen. Wenn dieses Ziel erreicht ist, hat sich der zugehörende Auszugfaktor ergeben, denn die Spitzen der ausgefahrenen Platten-Teile liegen ja in den Innenpunkten der Kerben an. Für die Pfosten (Kontur, Näherung bis 1% an den Unterbau-Rand) und den Drehwinkel sind meine Annahmen gleich wie beim Jupe-Tisch. Die Innepunkte der Sternkerben lägen auf Radius R 0,43. Die "Kurbel"-Länge sei 0,26, woraus sich die Koppellänge zu 0,70 ergibt (0,96-0,26, gestreckter Mechanismus). Durch Drehen des Tisches um 120° wird der Schubstein mit Pfosten in seine innere Lage bei etwa 0,53 gebracht. Das Auszugfaktor ist etwa 1,43 (1 + 0,96 -0,53). Abb.20, rechts zeigt, dass der Abstand zwischen Sternkerben und Pfosten in innerer Lage ausreicht, Platz eher verschwendet wird. Der Auszugfaktor ließe sich sogar noch ein wenig vergrößern (etwa bis AZF=1,45). In ausgeführten Fletcher-Tischen ist man m.E. ausgesprochen verschwenderisch. Die Fletcher Burwell-Taylor Ltd gibt den relativ kleinen Wert AZF = 1,32 an (Flächenfaktor: 1,73:1). Ich ließ bei in Werbe-Videos vorgenommenen Nachmessungen den im zusammengeschobenen Zustand außen zufgefügten Ring weg und stellte maximale Werte von AFZ = 1,38 fest. Als sinnvoll erachte ich 1,414 (Anmerkung 4), bei dem der Flächenfaktor 2:1 ist.
3.5 Die Mechanismen für das Heben und Senken von Tischplatten-Teilen (Fletcher-Tisch)
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